Grußwort Dr. Josef Schuster beim FDP-Parteitag



Video-Grußwort des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, beim FDP-Bundesparteitag

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland erlebt gerade ein Deja-Vu:

Während wir uns Sorgen machen um Verwandte und Freunde in Israel, sind wir zugleich hier in Deutschland einer massiven Hetze ausgesetzt.

Das erinnert uns auf fatale Weise an das Jahr 2014. Auch 2014 kam es zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Auch damals gab es in Deutschland zig antisemitische Demonstrationen in mehreren Städten und Angriffe auf Synagogen. An diesen Demos nahmen auch Menschen teil, die familiär ihre Wurzeln hier in Deutschland haben. Sie liefen neben radikalisierten Muslimen her, die den Israelis den Tod wünschten und Israel von der Landkarte tilgen wollten.

Und heute sehen wir es wieder: Die Ablehnung, der Protest richten sich nicht gegen die palästinensische Terrorgruppe Hamas und deren Raketen, sondern gegen uns, gegen Juden. Wir sehen brennende israelische Flaggen vor Synagogen. Wir hören Parolen voller Judenhass auf den Straßen.

Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie, die FDP, sich auf Ihrem Parteitag mit dem Thema befassen und mich eingeladen haben, zu Ihnen ein paar Worte zu sagen.

Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland insgesamt in aller Klarheit zuzurufen:

Es reicht!

Schauen Sie nicht weg! Entschuldigen Sie diesen Judenhass nicht, der sich gerade entlädt!

Selbst wenn jemand die israelische Regierungspolitik kritisch sieht oder für gänzlich falsch hält, rechtfertigt das in keiner Weise einen Dauer-Raketenbeschuss auf die israelische Zivilbevölkerung.

Und es rechtfertigt auch nicht den puren Antisemitismus auf deutschen Straßen!

Im Jahr 2014 war es der Zentralrat der Juden selbst, der zu einer großen Kundgebung gegen Judenhass aufrufen musste. Denn von breiter Solidarität war leider wenig zu spüren.

Doch Solidarität erwarten wir!

Wir erwarten, dass die Bürger sich gegen diesen Antisemitismus stellen! Und zwar lautstark und öffentlich!

Wir erwarten auch Solidarität in den sozialen Medien! Sie können sich gar nicht vorstellen, mit welcher Menge an übelsten Kommentaren wir es gerade auf Facebook, Twitter und Instagram zu tun haben. Die sozialen Medien explodieren geradezu mit Hetze gegen Juden.

Wo sind die Menschen, die solidarisch sind? Wo sind die Menschen, die für Respekt werben?

Meine Damen und Herren,

wir brauchen das. Wir brauchen genau jetzt all jene Menschen, die diesen Hass nicht mitmachen. Und mit „Wir“ meine ich gar nicht ausschließlich die jüdische Gemeinschaft. Sondern ich meine unser Land insgesamt. Unsere Demokratie.

„Steh auf gegen Judenhass!“ So hatten wir 2014 unsere Kundgebung überschrieben.

Auch 2021 gilt es, aufzustehen.

Aufzustehen gegen Judenhass bei Corona-Leugner-Demos.

Aufzustehen gegen Judenhass bei Anti-Israel-Demos.

Und Aufzustehen gegen all die Spalter, die Extremisten, die Radikalen, die an den Fundamenten unserer Demokratie sägen.

Nehmen Sie diesen Appell mit in Ihren Parteitag und in den Wahlkampf!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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