Interne Gerichtsbarkeit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland
Zum Schlichten und Entscheiden in Streitfällen in der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland gibt es beim Zentralrat der Juden zwei Gremien: das Gericht und den Gerichtshof.
1996 wurde beim Zentralrat der Juden eine Schieds- und Verwaltungsgerichtsbarkeit eingerichtet. Streitigkeiten innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sollten intern und nicht nur vor staatlichen Gerichten behandelt werden können. 2009 wurde neben dem Schieds- und Verwaltungsgericht zusätzlich das Obere Schieds- und Verwaltungsgericht eingerichtet. 2022 wurde die Gerichtsbarkeit beim Zentralrat der Juden grundlegend reformiert. Es wurden zwei Instanzen mit fester Besetzung eingerichtet: das Gericht und der Gerichtshof.
Das Gericht
Das Gericht besteht aus einzelnen Kammern. Jede Kammer ist aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Richtern zusammengesetzt. Die beim Gericht eingehenden Klagen werden der Reihe nach auf die Kammern verteilt. Jede Kammer bearbeitet die ihr zugeteilten Verfahren und versucht, falls möglich, zusammen mit den Streitparteien eine für beide Seiten akzeptable Einigung zu erreichen. Falls eine friedliche Streitbeilegung nicht zustande kommt, wird die Entscheidung in solchen Verfahren von der Kammer getroffen.
Das Gericht kann nur solche Streitigkeiten zur Bearbeitung annehmen, für die es gemäß der Gerichtsordnung des Zentralrates der Juden in Deutschland zuständig ist (§ 9 der Gerichtsordnung). In den allermeisten Fällen beschäftigt sich das Gericht mit Streitigkeiten, die in den Jüdischen Gemeinden oder Landesverbänden entstehen. Das Gericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland kann aber nur dann tätig werden, wenn diese Gemeinden oder Landesverbände dem Zentralrat der Juden in Deutschland angehören und kein eigenes Gericht haben. In bestimmten Fällen kann das Gericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland auch dann tätig werden, wenn beide Streitparteien den Wunsch äußern, dass ihr Streit von diesem Gericht beigelegt oder entschieden wird. Unter bestimmten Voraussetzungen ist das Gericht auch für Streitigkeiten zwischen den Arbeitnehmern, die z.B. bei den Jüdischen Gemeinden oder Landesverbänden angestellt sind, und ihren Arbeitgebern zuständig.
Der Gerichtshof
Der Gerichtshof besteht aus sechs Richtern. Zwei von diesen Richtern müssen amtierende Rabbiner sein. Ein Rabbiner muss Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz (ORD) und der andere - Mitglied der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) sein. Die sechs Richter sind in zwei Richterbänke aufgeteilt. Jeder Richterbank gehört ein Rabbiner an. Die eingehenden Verfahren werden der Reihe nach auf die Richterbänke verteilt. Die jeweils zuständige Richterbank trifft eine Entscheidung in dem Verfahren bzw. versucht, eine gütliche Streitbeilegung herbeizuführen.
Der Gerichtshof kann nur in den Fällen tätig werden, für die er gemäß § 8 der Gerichtsordnung des Zentralrates der Juden in Deutschland zuständig ist. In erster Linie beschäftigt sich der Gerichtshof als zweite Instanz mit den Berufungen gegen die Entscheidung in der ersten Instanz. Zu der ersten Instanz gehören das Gericht beim Zentralrate der Juden in Deutschland und Gericht einer Jüdischen Gemeinde oder eines Landesverbandes. Falls eine oder beide Streitparteien mit der Entscheidung in der ersten Instanz nicht einverstanden sind, können sie sich an den Gerichtshof wenden. Der Gerichtshof entscheidet außerdem über die Auslegung der Satzung des Zentralrates der Juden in Deutschland.
Nähere und vollständige Informationen über die Zuständigkeit und Arbeitsweise des Gerichts und des Gerichtshofs können Sie der Gerichtsordnung des Zentralrates der Juden in Deutschland und der Verfahrens- und Kostenordnung der Gerichte beim Zentralrat der Juden in Deutschland entnehmen. Das Gericht und der Gerichtshof sind in ihrer Arbeit und ihren Entscheidungen selbstständig und unabhängig.
Die Möglichkeit, Streitfragen mit Bezug zur jüdischen Gemeinschaft in Deutschland innerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu klären, bedeutet nicht, dass Recht und Gesetz in Deutschland für jüdische Gemeinden nicht gelten bzw. die Gerichtsbarkeit beim Zentralrat der Juden nicht an die deutschen Gesetze gebunden wäre. Ziel der Einrichtung einer Gerichtsbarkeit ist, dass innerreligiöse Angelegenheiten auch innerreligiös geklärt werden können.
Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an:
GERICHT(via)zentralratderjuden.de