Jüdischer Kalender – Jüdisches Jahr

Jüdische Feier- und Gedenktage

Das jüdische Jahr

Der jüdische Kalender ist ein Lunisolarkalender, d.h. er richtet sich nach dem Mond, wird aber durch den regelmäßigen Einschub eines zusätzlichen Monats so korrigiert, dass die einzelnen Monate jedes Jahres in die gleiche Jahreszeit fallen. Die Jahreszählung orientiert sich an der Schöpfung der Welt, die nach der jüdischen Überlieferung im Jahre 3761 v.d.Z. stattgefunden hat.

Die Namen der Monate:

1. Tischri (September-Oktober) 30 Tage
2. Cheschwan (Oktober-November 29 bzw. 30 Tage
3. Kislew (November-Dezember) 30 bzw. 29 Tage
4. Tewet (Dezember-Januar) 29 Tage
5. Schwat (Januar-Februar) 30 Tage
6. Adar (Februar-März) 29 Tage; im Schaltjahr wird hier ein zweiter Adar eingefügt
7. Nissan (März-April) 30 Tage
8. Ijar (April-Mai) 29 Tage
9. Siwan (Mai-Juni) 30 Tage
10. Tammus (Juni-Juli) 29 Tage
11. Aw (Juli-August) 30 Tage
12. Elul (August-September) 29 Tage

Jüdische Feiertage bzw. der Tag im Judentum beginnt bereits am Vorabend und endet am nächsten Tag kurz nach Einbruch der Dunkelheit. An den biblischen Feiertagen und am Schabbat herrschen Werkverbote, d.h. es dürfen keine Arbeiten verrichtet und kein Feuer gemacht werden; es wird nicht gekocht, nicht telefoniert, nicht ferngesehen etc.

Der Schabbat ist der wöchentliche Ruhetag, der freitags am Abend beginnt und am Samstagabend endet.

Der Schabbat ist der eigentliche und im Grunde höchste Feiertag. Die Einführung eines allgemeinen Ruhetages nach jeweils sechs Werktagen stellt eine große soziale Errungenschaft dar, die durch das Judentum geschaffen wurde. Im Pentateuch ist gesagt, dass am siebenten Tag keinerlei Arbeit verrichtet werden darf.

Die Gebete am Schabbat

Während werktags die vorgeschriebenen Gebete auch zu Hause verrichtet werden dürfen, muss am Schabbat die Synagoge aufgesucht werden. Eingeleitet wird der Gottesdienst des Schabbatbeginns am Freitagabend mit einer Begrüßung des Schabbat durch eine Reihe von Psalmen und ein Lied, das den Schabbat als Braut, Israel als Bräutigam personifiziert. [...] Zum Abschluss des Gottesdienstes wird in der Regel „Kiddusch gemacht“, d.h. ein Segen über einen Becher Wein vom Vorbeter gesprochen.

Schabbat Zuhause

Für die häusliche Schabbatfeier am Freitagabend hat die Hausfrau einen Teller mit zwei Broten auf den Tisch gestellt, die sie mit einem Tuch zugedeckt hat. Sie hat ferner einen Becher mit Wein bereitgestellt und die Schabbatlichter angezündet – natürlich vorher, solange noch Werktag ist, denn das Anzünden von Licht ist eine am Schabbat verbotene Tätigkeit.

Für den Schabbat sind drei Mahlzeiten obligatorisch: abends, morgens und nachmittags. Die Morgenmahlzeit soll erst nach dem Gottesdienst eingenommen werden. Sie fällt daher in die Zeit des späten Vormittags, denn der Vormittagsgottesdienst, bestehend aus dem Morgengebet mit Tora- und Prophetenlesung und dem Zusatzgebet ist relativ lang.

Das Ende des Schabbat

Nachdem der Schabbat beendet ist, also nach Einbruch der Nacht, wird sowohl in der Synagoge zum Abschluss des werktäglichen Abendgebets als auch zu Hause die Zeremonie der Hawdala (Unterscheidung) durchgeführt, die Trennung zwischen Feiertag und Werktag, zwischen Heiligem und Profanem. Die Hawdala besteht aus drei Segenssprüchen: über Wein, über Wohlgerüche und über Licht. Es wird dazu eine geflochtene Kerze mit mehreren Dochten angezündet. Als Wohlgerüche dienen Gewürze, meist Nelken und Zimt, die in einer Büchse aufbewahrt werden.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

An Rosch Haschana (Hebr. „Kopf des Jahres“) feiern Juden zwei Tage lang Neujahr.

Am 1. und 2. Tischri wird das Neujahrsfest begangen, das ein ernster Feiertag ist. Der Name Neujahr (Rosch Haschana) kommt in der Bibel nicht vor, und auch in den Gebeten dieses Festes ist kaum davon die Rede. Im Festsegen – und auch sonst – wird vom „Tag der Erinnerung“ oder „Tag des Posaunenschalls“ gesprochen.

Das Wesen des Neujahrsfestes

Der Sinn des Neujahrsfestes liegt in der Erinnerung an den Bund, der zwischen Gott und Israel geschlossen wurde und der für die Israeliten eine sittliche Forderung und Verpflichtung darstellt. Der Tag soll dazu dienen, die Menschen zu veranlassen, in sich zu gehen, sich vom Bösen abzuwenden und gut zu handeln. Rosch Haschana ist der Tag, an dem der Mensch Rechenschaft über sein Tun ablegen und sich seiner moralischen Pflichten bewusst werden soll.

Ein Widderhorn wird geblasen

Als äußeres Instrument, den Menschen an seine moralischen Pflichten zu erinnern, dient die Posaune, der Schofar. Das ist ein Widderhorn, das im Morgengottesdienst nach der Tora- und Prophetenlesung sowie an mehreren Stellen des Zusatzgebetes in festgelegten Tonfolgen geblasen wird (außer wenn der Festtag auf einen Schabbat fällt.)

Weiß ist die Farbe des Tages

In vielen Gemeinden ist es Brauch, den Betraum für den Neujahrsgottesdienst besonders feierlich auszugestalten. Um die Erhabenheit des Tages zu betonen, pflegt in der Synagoge die weiße Farbe vorzuherrschen. Der Vorhang vor dem Toraschrank, die Decke auf dem Vorbeterpult und die Kleidung des Vorbeters sind weiß, im Gegensatz zu dem sonst Üblichen.

Rosch Haschana wird überall zwei Tage gefeiert, auch in Israel, wo bei den übrigen Festen die zweiten Tage entfallen. Der Kultus ist im Wesentlichen an beiden Tagen identisch.

Rosch Haschana zu Hause

Die häusliche Feier des Neujahrstages besteht darin, dass dem Kiddusch und dem Segensspruch über das Brot noch ein Segen über Baumfrüchte angefügt wird. Man nimmt dazu einen Apfel, den man vor dem Verzehr mit Honig bestreicht, wobei man dem Wunsch Ausdruck verleiht, das neue Jahr möge gut und süß werden. Die Brote für das Neujahrsfest sind nicht wie sonst geflochten und länglich, sondern es ist üblich, rund gewickelte Weißbrote zu verwenden, um auf diese Weise den Jahreskreislauf zu symbolisieren.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Jom Kippur ist der jüdische Buß- und Bettag.

Den Höhepunkt der zehn Bußtage bildet der Versöhnungstag, der wichtigste Festtag des jüdischen Jahres. An ihm wird nach talmudischer Tradition das Urteil über den Menschen, das am Neujahrsfest, dem Tag des Gerichts, gefällt wurde, besiegelt und bekommt damit Gültigkeit. Der Versöhnungstag soll dazu dienen, den Menschen zu entsühnen, ihn die göttliche Verzeihung für seine Missetaten erlangen zu lassen. So ist der Versöhnungstag ein Tag der Reue, der Buße und Umkehr.

Selbst Körperhygiene ist auf das Mindestmaß beschränkt

Dieser Tag ist ein strenger Fasttag, und zwar von Beginn des Festes am Abend bis zu seinem Ausgang am nächsten Abend. Weder Essen noch Trinken sind erlaubt; auch Körperpflege, mit Ausnahme des Benetzens der Hände und Augen mit Wasser, ist untersagt. Bevor man sich am Vorabend des Festes in die Synagoge begibt, entzündet man zu Hause ein Licht zum Andenken an seine verstorbenen Angehörigen, das 24 Stunden brennen soll. Manche pflegen auch eine Kerze im Vorraum der Synagoge aufzustellen. Es ist allgemein üblich, dass der Vorhang vor dem Toraschrank und die Decke auf dem Vorbeterpult weiß sind; auch die Torarollen befinden sich in weißen Hüllen. Die Betenden pflegen weiße Kleidung und eine weiße Kopfbedeckung zu tragen.

Die Aufmerksamkeit gilt nur dem Gebet

Der Abendgottesdienst, der noch bei Tageslicht beginnt, wird nach den Anfangsworten der ihn einleitenden Formel Kol Nidre (alle Gelübde) genannt. Dieser Text besteht in einer Erklärung, dass alle Gelübde und Schwüre null und nichtig sein sollen. Am Versöhnungstag dauert der Gottesdienst den ganzen Tag lang. Zu dem Morgengebet, dem festtäglichen Zusatzgebet und dem Nachmittagsgebet kommt noch ein nur an diesem Tag übliches Schlussgebet, an das sich dann nach Einbruch der Nacht das werktägliche Abendgebet und die Hawdala anschließen.

Das Ende des Feiertags

Im Anschluss an den Gottesdienst pflegt dann noch der Mondsegen im Freien stattzufinden, der im Tischri mindestens bis zu diesem Termin verschoben wird. Die Mahlzeit, die man nach dem langen Fasten einnimmt, wird als „Anbeißen“ bezeichnet; sie trägt einen festlichen Charakter, und man wünscht sich gegenseitig ein gutes Jahr und gute Besiegelung.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Sukkot, das Laubhüttenfest, ist eines der drei jüdischen Wallfahrtsfeste und erinnert an die Wanderung in der Wüste nach dem Auszug aus Ägypten, in der die Israeliten in Hütten gelebt haben.

Am 15. Tischri beginnt das Laubhüttenfest (Sukkot), das dritte in der Reihe der Wallfahrtsfeste. Es dauert neun bzw. sieben Tage, da der achte Tag, das sogenannte Schlussfest (Schemini Azeret), als selbständiger Feiertag angesehen wird; der neunte Tag, der Torafreudenfest (Simchat Tora) heißt, ist der zweite Tag dieses Schlussfestes, der nur in der Diaspora begangen wird.

Doppelte Bedeutung

Sukkot ist das „Fest des Einsammelns“, ein Dankfest für das Einbringen der Ernte, vor allem der Obst- und Weinernte; zugleich erinnert Sukkot an die Wüstenwanderung der Israeliten nach ihrem Auszug aus Ägypten und an das Wohnen in unfesten Hütten während dieser Periode. Die doppelte Bedeutung des Festes symbolisiert einerseits der Feststrauß, der am Vormittag im Gottesdienst verwendet wird, andererseits das Gebot, während dieser Tage in einer Hütte (Sukka) zu wohnen.

Der Feststrauß (Lulaw) besteht aus einem Zweig der Dattelpalme, drei Myrten- und zwei Bachweidenzweigen, die zu einem Gebinde vereinigt sind, sowie aus der Zitrusfrucht, dem Etrog, einer Zitronenart.

Sieben Tage feiern

Der erste und der zweite Tag Sukkot sind Feiertage, die darauffolgenden Tage (3. - 7. Tag) Halbfeiertage. Der siebente Tag hat allerdings eine besondere religiöse Bedeutung und führt einen eigenen Namen: Hoschana rabba. Dieser Tag gilt als Gerichtstag über das Wasser, als der Tag, an dem von Gott über den lebenden Regen beschlossen wird, der ja im Vorderen Orient nur während des Winterhalbjahres fällt.

Wohnen in Hütten

Für Sukkot ist charakteristisch das biblische Gebot, in einer Hütte zu wohnen, einem unfesten Gebäude. Die Hütte muss so beschaffen sein, dass sie kein festes Dach besitzt; vielmehr ist sie mit Zweigen, Stroh und Reisig gedeckt, und zwar so dicht, dass bei Sonnenschein die schattigen Stellen im Innern überwiegen, und so locker, dass nachts die Sterne hindurchschimmern. Die Laubhütte wird möglichst wohnlich ausgestattet und schön ausgeschmückt. In unseren Breiten wird das Gebot, in der Hütte zu wohnen, insofern erleichtert, als nur die Mahlzeiten in ihr eingenommen werden sollen, denn es kann in dieser Jahreszeit ja bereits recht kühl sein.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Schemini Azeret markiert den Winterbeginn

Auch am Schlussfest (Schemini Azeret) wird die Laubhütte noch benutzt, jedoch nicht mehr der Feststrauß. Der Gottesdienst zeichnet sich besonders dadurch aus, dass nach der Tora- und Prophetenlesung eine Seelenfeier zum Gedenken der Toten stattfindet und dass der Vorbeter in das Zusatzgebet ein Gebet um Regen, ein längeres poetisches Stück, einschaltet, das in feierlicher Form rezitiert wird. Damit beginnt die Wintersaison, und von nun an wird bis zum Beginn des Pessachfestes in jedes Gebet (Tefilla) die Erwähnung eingeschaltet, dass Gott Regen fallen lässt.

Synagogenumzüge und Tanzen mit Torarollen an Simchat Tora

Der zweite Tag des Schlussfestes führt einen eigenen Namen: Simchat Tora, Torafreude. An ihm endet der jährliche Zyklus der Toraabschnitte, und es wird wieder von vorn begonnen; an diesem Tag werden also der Schluss und der Anfang des Pentateuch verlesen. Das Ausheben der Tora erfolgt bei dieser Gelegenheit in besonders feierlicher Form: Sämtliche vorhandenen Torarollen werden aus dem Schrank genommen und in einer Prozession siebenmal um die Vorlesebühne bzw. durch den Synagogenraum getragen. In den meisten Berliner Synagogen war es üblich, dass der Zug durch zwei Synagogendiener angeführt wurde, jeder mit einer großen brennenden Kerze in der Hand. Den Trägern der Torarollen pflegen Kinder mit bunten Fähnchen zu folgen. Während oder nach der Zeremonie werden die Kinder mit Süßigkeiten beschenkt. In den leeren Toraschrein wird während der Umzüge häufig eine brennende Kerze gestellt. Die Umzüge finden sowohl nach dem Abendgebet als auch im Morgengottesdienst statt.

Aufrufe zum Lesen der Tora

In manchen Gemeinden wird bereits am Abend ein Teil des Toraabschnittes verlesen, und es werden möglichst viele Personen dazu aufgerufen, indem die einzelnen Stücke mehrmals gelesen werden. Auch Knaben, die das dreizehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, pflegt man bei dieser Gelegenheit als Gruppe zur Tora zu rufen. Der Schluss des Pentateuchs, der vom Tod des Moses handelt, und der Beginn des Textes, der das Schöpfungswerk beschreibt, werden auf jeden Fall nur im Morgengottesdienst gelesen. Zu diesen Abschnitten aufgerufen zu werden, gilt als eine ganz besonders hohe Ehrung für den Betreffenden. Der Anfang des Bibeltextes wird übrigens am Schabbat, der dem Torafreudenfest folgt, im Rahmen des üblichen Wochenabschnittes noch einmal gelesen, während der Schlussabschnitt des Pentateuch kein eigentlicher Wochenabschnitt ist und nur zu Simchat Tora vorgetragen wird.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Chanukka erinnert an einen siegreichen Aufstand und ein Wunder.

Am 25. Kislew beginnt das achttägige Tempelweihfest (Chanukka), das zu den freudigen Gedenktagen gehört, nicht zu den biblisch vorgeschriebenen Feiertagen. Es erinnert an den erfolgreichen Aufstand der Makkabäer gegen die hellenistische Herrschaft und die im Jahre 165 v.u.Z. erfolgte Wiedereinweihung des geschändeten Tempels in Jerusalem.

Ein Wunder!

Es wird überliefert, dass man in dem von den Syrern entweihten Heiligtum nur einen einzigen unversehrten Ölkrug fand, dessen Inhalt normalerweise nur für einen Tag Brennstoff für den siebenarmigen Tempelleuchter gereicht hätte. Aber durch ein Wunder soll dieses geringe Ölquantum für acht Tage genügt haben, so dass inzwischen neues reines Öl hergestellt werden konnte.

Jeden Tag eine Kerze

Um dieses Wunders zu gedenken, werden sowohl in der Synagoge als auch zu Hause Lichter angezündet. Das geschieht nach Einbruch der Dunkelheit; nur am Freitagabend muss es natürlich früher erfolgen, um das Werkverbot des Schabbat nicht zu übertreten. Üblicherweise wird heute ein achtarmiger Leuchter (Menora) verwendet. Am ersten Abend wird ein Licht angezündet, am zweiten zwei Lichter, bis dann am achten Tag alle Lichter brennen. Aufgesteckt werden die Kerzen von rechts nach links; angezündet werden sie so, dass stets das neu hinzugekommene Licht als erstes an die Reihe kommt. Arbeiten ist am Chanukkafest gestattet, doch während die Kerzen brennen – sie sollen so groß sein, dass sie das mindestens dreißig Minuten lang tun – pflegt man nicht zu arbeiten... Vielfach vergnügt man sich während des Brennens der Lichter mit Spielen.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

An Tu Bischwat feiern die Bäume Geburtstag

Das Neujahrsfest der Bäume (Tu Bischwat) ist ein nichtbiblischer Halbfeiertag. Hintergrund ist das Gebot im 3. Buch Moses 19, 23 – 25, die Früchte von neugepflanzten Bäumen drei Jahre lang nicht zu essen und sie erst im fünften Jahr zu verzehren. In talmudischer Zeit war der 15. Schwat (Tu Bischwat bedeutet wörtlich der 15. „Tu“ des Monats Schwat) Stichtag für die Jahreszählung und die Fruchtabgabe, weil dieser Termin das Ende der Regenzeit und den Beginn der idealen Pflanzperiode in Israel markiert.

Einpflanzen und essen

Im modernen Israel ist Tu Bischwat ein willkommener nationaler Feiertag: Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene pflanzen Setzlinge im ganzen Land. Außerhalb Israels feiern Juden nach unterschiedlichen lokalen Gebräuchen und essen z. B. Früchte, die an das Land Israel erinnern.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Purim erinnert an die Rettung der persischen Juden

Purim, ein freudiger Gedenktag, dessen Beachtung nicht biblisch vorgeschrieben ist, wird am 14. Adar (bzw. Adar II) zur Erinnerung an die Errettung der Juden in Persien gefeiert, die im Buch Esther beschrieben ist. Das Buch Esther berichtet davon, dass der Minister Haman den Perserkönig bewog, den Befehl zu erlassen, alle Juden im persischen Reich auszurotten, dass es jedoch Esther, der jüdischen Ehefrau des Königs, durch geschickte Diplomatie gelang, den mächtigen Minister zu Fall zu bringen und zu erreichen, dass die Juden die Erlaubnis erhielten, sich gegen diejenigen zu wehren, die diesen Befehl auszuführen suchten. Auf diese Weise gelang es den Juden, über ihre Widersacher zu siegen.

Fasten Esther

Im Buch Esther wird erzählt, dass die Königin Esther, bevor sie beim König den Versuch unternahm, für die Rettung ihres Volkes aktiv zu werden und sich in dieser Angelegenheit an den König zu wenden, drei Tage lang fastete, und dass alle jüdischen Bewohner der Stadt Susa dasselbe taten. Zur Erinnerung daran wird der Tag vor Purim als Fasttag begangen, der Fasten Esther genannt wird.

Ausgelassenes Feiern und Trinken

Purim ist als freudiger Gedenktag ein Arbeitstag. Als Besonderheit des synagogalen Rituals ist vor allem zu erwähnen, dass sowohl nach dem Abendgebet als auch morgens nach der Toravorlesung das Buch Esther gelesen wird. Esther gehört zu den „fünf Rollen“, ist aber das einzige dieser Bücher, für das auch heute noch eine handgeschriebene Pergamentrolle verwendet wird. Bereits im Buch Esther wird von der Festlegung berichtet, dass der Freude über die Rettung durch ein Festmahl, durch gegenseitiges Beschenken mit Speisen und durch Spenden für die Armen Ausdruck verliehen werden soll. An Purim ist es erlaubt, viel zu trinken, sogar sich zu betrinken, denn im Buch Esther ist das Mahl, das man zur Erinnerung an das Ereignis einnehmen soll, als Trinkgelage bezeichnet.

Kostümierung ist üblich

Es gibt für Purim eine große Anzahl von Bräuchen, die allerdings lokal sehr verschieden sind. Verbreitet sind karnevalistische Vergnügungen, besonders die Kostümierung von Kindern, die Aufführung von dramatischen Purimspielen, die meist die Esthergeschichte zum Inhalt haben, aber auch andere biblische Ereignisse behandeln. In der Gegenwart sind in unserem Raum vor allem einige kulinarische Spezialitäten üblich: die sogenannten Hamantaschen und „Kreppchen“. Hamantaschen sind ein dreieckiges, gefülltes Kleingebäck aus Kuchenteig; die Füllung kann aus Mohn, Früchten, Rosinen, Mandeln, süßem Weißkäse oder anderen Zutaten bestehen. Unter „Kreppchen“ versteht man gefüllte Nudelteigtaschen, die entweder eine Fleischfüllung haben und mit Brühe gegessen werden oder – mit Weißkäse und Sauerkirschen gefüllt – als Nachtisch dienen. Beide Speisen symbolisieren die Ohren des Bösewichts Haman. Solche Spezialitäten und andere, meist selbstgefertigte Leckereien werden auch Freunden und Bekannten als Geschenke übersandt bzw. überbracht.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

An Pessach wird der Befreiung aus der Sklaverei und des Auszugs aus Ägypten gedacht

In den Nissan fällt das erste der drei Wallfahrtsfeste, das Pessachfest, das in der Bibel auch als Fest der Mazzot (Singular: Mazza), der ungesäuerten Brote, bezeichnet wird. Der Name Pessach (Überschreitung) stammt von dem in der Bibel gebotenen Opfer eines Lammes, das vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten geschlachtet und gegessen wurde. Im Bibeltext (2. Buch Moses, 12, 27) heißt es, Gott habe, als er alle Erstgeborenen in Ägypten erschlug, die Israeliten verschont, indem er ihre Häuser überging. Daher wird dieses Fest Überschreitung genannt; auch das geopferte Lamm wird mit diesem Namen bezeichnet.

Landwirtschaftliche Bedeutung

Wie alle Wallfahrtsfeste hat Pessach eine historische und eine mit der Natur verbundene Bedeutung. Historisch erinnert das Fest an den Auszug der Israeliten aus Ägypten, und noch heute wird im Gedenken an dieses Ereignis nur Ungesäuertes gegessen, weil der plötzliche Aufbruch aus Ägypten es nicht gestattete, den Brotteig vor dem Backen säuern zu lassen. In landwirtschaftlicher Hinsicht ist Pessach mit der Ernte der Wintergerste verbunden.

Viele Speisen sind verboten

Pessach wird acht Tage lang, vom 15. bis zum 22. Nissan, begangen (in Israel bis zum 21. Nissan). Zu den Hauptmerkmalen dieses durch seine Vorschriften besonders eindrucksvollen Festes gehört das Verbot, Gesäuertes (hebr. Chamez) zu genießen, oder es überhaupt zu besitzen. Unter Gesäuertem werden alle Getreideprodukte verstanden, die in irgendeinem Stadium, selbst vor dem Mahlen, durch die Einwirkung von Fermenten, vor Feuchtigkeit oder Hitze einen Gärungsprozess durchgemacht haben.

Frühjahrsputz

Um die Wohnung von Gesäuertem zu befreien, findet deshalb vor Pessach ein äußerst gründlicher Hausputz statt. Der Hausherr ist verpflichtet, am Vorabend des 14. Nissan – bzw. falls das ein Schabbat ist, bereits einen Tag früher – das gesamte Haus nach noch vorhandenem Gesäuerten zu durchsuchen und seinen Fund dann am Morgen zu verbrennen. Ebenso müssen alle Küchengeräte und Bestecke durch Ausglühen oder Auskochen von gesäuerten Rückständen befreit werden. Für Pessach wird Geschirr verwendet, das nur für diese Gelegenheit bestimmt ist, während das sonst gebrauchte separiert wird.

Der Sederabend markiert den Beginn des Fests

Während der synagogale Ritus im wesentlichen dem der anderen Wallfahrtsfeste entspricht, zeichnet sich dieses Fest dadurch aus, dass es für die beiden ersten Abende ein häusliches Ritual gibt, eine festliche Mahlzeit, die nach einer festen Ordnung verläuft. Nach dem hebräischen Wort für „Ordnung“ wird diese Zeremonie Seder genannt. Zum Seder versammelt sich die ganze Familie; nach Möglichkeit werden auch Gäste eingeladen.

Symbolische Speisen

Auf einem Teller befinden sich die für diese Mahlzeit erforderlichen symbolträchtigen Speisen: drei Mazzot, die jeweils in eine Serviette gehüllt sind oder in einer dreifächerigen Tasche liegen; ferner „Erdfrüchte“, wofür man Radieschen, Sellerie oder Petersilie verwendet; ein Gefäß mit Salzwasser; Bitterkraut, worunter Meerrettich oder Kopfsalat (oder beides) verstanden wird; ein aus geriebenen Äpfeln, Mandeln, Zimt und Wein bereitetes bräunliches Mus; ein Knochen mit etwas gebratenem Fleisch daran und ein gekochtes Ei. Der Knochen mit dem Fleisch dient der Erinnerung an das Pessachopfer, das Opferlamm, wenngleich es nicht üblich ist, einen Hammelknochen dafür zu verwenden; das Ei soll das Wallfahrtsopfer symbolisieren. Beides muss zum Verzehr geeignet sein, wird jedoch nicht gegessen, während die übrigen Speisen, dem Sederteller liegen, im Verlauf der Zeremonie genossen werden. Auch sie sind von symbolischer Bedeutung und werden auf die Knechtschaft der Juden in Ägypten bezogen: Das Salzwasser, in das die Erdfrüchte getaucht werden, erinnert an die vergossenen Tränen, das Bitterkraut an die bitteren Leiden, das braune Fruchtmus an den Lehm, aus dem die Israeliten Ziegel herstellen mussten; die Mazzot werden als „Brot der Armen“ bezeichnet.

Erinnerung an antike Gastmahle

Die Ordnung der häuslichen Feier entspricht den Gepflogenheiten des antiken Gastmahls. Auch die symbolisch gedeuteten Speisen sind Bestandteile der antiken Mahlzeit, so dass Gewohnheiten des Altertums und Symbolik zusammengeflossen sind. Den antiken Bräuchen entspricht auch die Vorschrift, bei der Mahlzeit nicht zu sitzen, sondern zu liegen. Diese Sitte wird beim Seder insofern beachtet, als man angelehnt sitzt und der Hausherr einen besonders bequemen, mit Kissen ausgepolsterten Sessel benutzt. Getrunken wird am Sederabend Wein, und zwar sind vier Becher pro Person vorgeschrieben. Zusätzlich zu den Trinkgefäßen für die Teilnehmer der Mahlzeit wird ein weiterer mit Wein gefüllter Becher auf den Tisch gestellt, der für den Propheten Elia bestimmt ist, dessen Kommen erwartet wird: Elia gilt als Vorbote des Messias.

Erzählung des Auszugs aus Ägypten

Der wesentliche Inhalt des Seders ist die Verlesung spezieller Texte, die sich auf den Auszug aus Ägypten beziehen; sie sind in der Pessach-Haggada (Haggada heißt „Erzählung“) zusammengestellt. Derjenige, der den Seder „gibt“, d.h. ihn leitet, soll die Texte nach Möglichkeit nicht nur vortragen, sondern sie auch erklären. Die abendfüllende Zeremonie beginnt mit dem Festtags-Kiddusch (Segen über den Wein), dann folgt der Segen über die Erdfrüchte, nach dem dann Petersilie oder Radieschen in Salzwasser getaucht und gegessen werden. Den formalen Anlass für den Vortrag der Texte, die vom Auszug aus Ägypten erzählen sowie das Fest und dessen Ritual erklären, bilden vier Fragen, die das jüngste teilnehmende Kind stellt und die sich auf den Sinn des Zeremoniells richten. Die Verlesung der Haggada wird durch das Abendessen unterbrochen.

Besonderes Abendessen

Das Abendessen soll aus mindestens zwei Gängen bestehen. Als erster Gang sind hartgekochte Eier in Salzwasser üblich. Eier werden entweder als Symbol des Lebens gedeutet oder sind auch ein Zeichen der Trauer, da man sich bei der Festfreude der Zerstörung des Tempels erinnern soll. Auf die Eier folgt meist ein Fleischgericht, wobei zu beachten ist, dass kein gebratenes Fleisch an diesen beiden Abenden Verwendung findet. Hammelfleisch, das bei sefardischen Juden üblich ist, wird in Nord- und Mitteleuropa bei der Festmahlzeit nicht gegessen. Den Abschluss des Abendessens bildet der symbolische Nachtisch, der Afikoman, das vorher beiseite gelegte Stück Mazza. Es hat sich der fröhliche Brauch herausgebildet, dass der Hausherr zunächst das Stück nicht finden kann, weil die an der Feier teilnehmenden Kinder es versteckt haben. Damit die Feier fortgesetzt werden kann, muss das Stück Mazza mit einem kleinen Geschenk ausgelöst werden.

Viel Gesang

Dann nimmt der Seder seinen Fortgang. Der zweite Teil, der mit dem Tischgebet beginnt, ist etwas aufgelockert und trägt der Ermüdung der Teilnehmer, besonders der Kinder, insofern Rechnung, als in ihm eine Reihe von Liedern enthalten ist, deren Refrain von allen gemeinsam gesungen wird. Das bekannteste Lied ist das vom Zicklein, das in deutscher Übertragung in „Des Knaben Wunderhorn“ gelangt ist. Mit ihm endet der Seder, dessen Ritual an beiden Abenden im Wesentlichen gleich ist.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

An Schawuot feiert man die Gesetzgebung am Berg Sinai.

Am 6. und 7. Siwan findet das Wochenfest (Schawuot) statt. Es hat – wie die beiden anderen Wallfahrtsfeste – eine doppelte Bedeutung, eine auf die Natur bezogene und eine historische. In der biblischen Zeit war Schawuot nur das „Fest der Erstlinge“ und es wurden an diesem Tag im Jerusalemer Tempel zwei Weizenbrote geopfert, die aus dem Mehl der neuen Ernte hergestellt worden waren. Auch die Erstlinge anderer landwirtschaftlicher Produkte durften erst von Schawuot an als Opfer dargebracht werden. An dieses mit dem bäuerlichen Leben verknüpfte Fest der Erstlinge erinnert noch heute der Brauch, zu Schawuot die Synagogen mit frischem Grün und mit Blumen auszuschmücken.

Verkündung der Zehn Gebote

Von weit größerer Bedeutung ist der religiös-historische Inhalt des Wochenfestes geworden. Nach der talmudischen Überlieferung ist Schawuot die Zeit der Verkündung der zehn Gebote am Berg Sinai, des ersten umfassend formulierten Sittengesetzes in der Geschichte der Menschheit, das sich auf eine als ewig gesetzte Norm gründet. Auf der Anerkennung dieser Gebote durch die Israeliten beruht der Bund zwischen Gott und dem Volke, das von Gott erwählt wurde, einen besonderen Auftrag zu erfüllen: die göttlichen Gebote zu befolgen und sie in der Welt zu verbreiten. Die Erwählung Israels, die Vorstellung von der besonderen Rolle der Juden besteht in der Erfüllung dieser speziellen Aufgabe, als ein heiliges, Gott verpflichtetes Volk zu leben, stellt also eine besondere Verpflichtung dar. In diesem Sinne ist die Formulierung „auserwähltes Volk“ zu verstehen, nicht aber bedeutet sie ein Vorrecht der Juden gegenüber anderen Menschen.

Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003

Mehrere Gedenktage sind neueren Datums.

Seit 1951 gedenkt man in Israel mit Jom Haschoa (27. Nissan) der Opfer der Schoa und der Widerstandskämpfer in den Ghettos. Im Laufe des Vormittags ertönen landesweit Sirenen, und das öffentliche Leben ruht für zwei Minuten. An der jährlichen Gedenkzeremonie, die von der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem veranstaltet wird, nehmen auch Vertreter der israelischen Regierung teil. Dabei wird auch der nichtjüdischen Helden gedacht, die durch den Einsatz ihres Lebens Juden während des Nationalsozialismus gerettet haben. Auch in jüdischen Gemeinden in Deutschland finden an Jom Haschoa Gedenkfeiern statt.

An Jom Ha’azma’ut (wörtl. „Unabhängigkeitstag“; 5. Ijar) feiert man den Unabhängigkeitstag des Staates Israel im Jahre 1948. Am Vortag, am Jom Hasikaron (wörtl. „Erinnerungstag“; 4. Ijar) erinnert man an die gefallenen israelischen Soldaten im israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948 und die Opfer des Terrorismus. Dieser Tag ist dem Andenken an jene gewidmet, die ihr Leben für die Unabhängigkeit des Staates Israel und sein weiteres Bestehen gelassen haben. Es werden Gedenkfeiern auf Soldatenfriedhöfen veranstaltet und Schweigeminuten zum Gedenken an die Gefallenen der Israelischen Armee durchgeführt.

An Jom Jeruschalajim (wörtl. „Jerusalemtag“; 28. Ijar) gedenkt man der Befreiung und Wiedervereinigung Jerusalems im Zuge des Sechs-Tage-Kriegs 1967. Nach dem israelischen Sieg über die Armeen von Ägypten, Jordanien und Syrien wurde die geteilte Stadt Jerusalem wiedervereinigt. Zum ersten Mal seit dem Jahre 70 n.d.Z. standen der Tempelberg und die Westmauer (Klagemauer) wieder unter jüdischer Kontrolle, und seitdem wird dieser Tag, besonders in Jerusalem, als Festtag begangen.