Die Trauerfeier

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Foto Mediaarchiv, 2016 Paul-Spiegel-Preis Jörn Neumann

AUF EINLADUNG DES ZENTRALRATS DER JUDEN NAHMEN VERTRETER AUS POLITIK UND GESELLSCHAFT ABSCHIED VOM PRÄSIDENTEN

Als Kantor Chaim Adler das Podium betritt, ist kaum mehr das Atmen der über 1000 Gäste, die zur Trauerfeier des verstorbenen Präsidenten Paul Spiegel sel.A. gekommen waren, zu hören – die warme weiche Tel Aviver Stimme durchdringt den holzvertäfelten Konzertsaal bis hinein in den letzten Spalt. Die Spitzen der Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, Freunde und Weggefährten waren am 28. Mai auf Einladung des Zentralrats der Juden nach Düsseldorf gekommen, um Abschied von ihm zu nehmen.

Vizepräsidentin Charlotte Knobloch würdigte Spiegel als „Wegbereiter der Renaissance jüdischen Lebens in Deutschland“. Er habe die Gemeinschaft der Juden aus einer oft selbstgewählten Zurückgezogenheit herausgeholt und ihr mehr Selbstbewusstsein gegeben. Auf diesem Weg werde der Zentralrat weitergehen und sich dem „hässlichen Antlitz des Antisemitismus“ entgegenstellen.

Vize-Präsident Salomon Korn reflektierte über Paul Spiegels Herkunft, seine tiefe Verbundenheit mit Warendorf, dem Ort seiner Kindheit, der für ihn mehr als ein geographischer Bezugspunkt war. „Heimat“, zitiert Salomon Korn die Erfahrungen von Paul Spiegel, „liegt dort, wo wir akzeptiert, respektiert und geachtet werden, unabhängig von Herkunft, Religion, Eigenart.“ Esra Cohn, Vorstandsmitglied des Landesverbandes Nordrhein, kündigte an, die Gemeinde werde zum Gedenken an Spiegel in Israel einen Wald pflanzen und nach ihm benennen.

Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigten Spiegel als Brückenbauer und Mahner im Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Sie riefen gleichzeitig dazu auf, Spiegels Vermächtnis fortzuführen. „Nehmen wir nicht hin, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Religion oder ihres Lebensstils beleidigt und angegriffen werden“, sagte Bundespräsident Horst Köhler. Rassistische Gewalttäter müssten „konsequenter als bisher“ bekämpft werden. Obwohl seine Familie von den Nazis verfolgt worden sei, habe er seiner Heimat Vertrauen geschenkt. „Für mich ist dieses Vertrauen kaum fassbar“, sagte Köhler.

Merkel betonte, die Bundesregierung fühle sich Spiegels Vermächtnis verpflichtet. „Wir sind ihm in diesen Tagen etwas schuldig, in denen es wieder vermehrt Nachrichten über rechtsextremistische Angriffe gibt“, sagte sie. Nach der Devise „Null Toleranz“ müssten Politik, Polizei und die ganze Gesellschaft entschlossen gegen Gewaltakte angehen. „Wir dürfen nicht stumm bleiben, sondern müssen uns einmischen. Das ist Zivilcourage“, betonte die Kanzlerin. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) nannte es ein „Geschenk“, dass das jüdische Leben in Deutschland wieder aufblühe. Dazu habe Spiegel wesentlich beigetragen.

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