Dazu erklärt Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster: „Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland. Denn das Urteil macht deutlich, dass mörderischer Hass auf Juden auf keinerlei Toleranz trifft. Der Attentäter zeigte bis zum Schluss keine Reue, sondern hielt an seinem hasserfüllten antisemitischen und rassistischen Weltbild fest. Vor allem für die Angehörigen der beiden Ermordeten Jana Lange und Kevin Schwarze sowie für all jene Menschen, die an Jom Kippur 2019 nur knapp dem Tod entronnen sind und tief traumatisiert wurden, ist das Urteil wichtig. Mit ihren beeindruckenden Auftritten haben die Nebenkläger und Zeugen dem Hass des Täters Menschlichkeit entgegengesetzt. Sie und all jene, die Solidarität mit den Angegriffenen gezeigt haben, stehen für dieses Land, nicht der isolierte Attentäter.“
Nach wie vor ist es jedoch eine traurige Tatsache, dass viele von Antisemitismus Betroffene die Vorfälle nicht melden, weil sie eine unangemessene Reaktion der Polizei fürchten. Auch der Umstand, dass sehr viele Verfahren bei antisemitischen Übergriffen eingestellt werden, lässt die Betroffenen resignieren.
Nach Auffassung des Zentralrats der Juden sollte das Verfahren Vorbild für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein, die antisemitische Straftaten zu verfolgen bzw. darüber zu entscheiden haben. Antisemitismusbeauftragte bei den Staatsanwaltschaften sowie gezielte Schulungen schon in der Ausbildung für Polizei und Justiz können dazu beitragen, dass Antisemitismus besser erkannt und nachhaltiger geahndet wird. „Nicht selten erleben wir in der Justiz eine Sehschwäche auf dem rechten Auge“, sagte Dr. Schuster. „Im Prozess gegen den Halle-Attentäter wurde hingegen genau hingesehen. Diese Haltung, nicht der Täter, sollte Nachahmer finden.“
Berlin, 21. Dezember 2020 / 6. Tewet 5781