"Israel und Deutschland haben eine Brücke gebaut"



Grußwort von Dr. Josef Schuster zur Eröffnung der Ausstellung „Israelis & Deutsche“, Neue Universität Würzburg, 7.11.2016

Foto: Thomas Lohnes

Im vergangenen Jahr konnten wir alle an vielen Stellen kluge Zeitungsartikel, Kommentare und Aufsätze zur Bedeutung der deutsch-israelischen Beziehungen lesen. Die Spitzenpolitiker beider Länder äußerten sich. Zahlreiche Veranstaltungen hatten die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen Deutschlands und Israels vor 50 Jahren zum Thema.

Doch was bleibt hängen von so einem Jubiläumsjahr? Es sind die Bilder. Bilder graben sich in unser Gedächtnis ein. Daher freue ich mich sehr, dass die Ausstellung „Israelis und Deutsche“ jetzt auch hier in Würzburg gezeigt wird. Mein Dank dafür gilt der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Sparkasse Mainfranken Würzburg und der Universität von Würzburg!

In dieser Ausstellung sind grandiose und berührende Fotos versammelt. Ob es der kleine Ben Gurion neben dem hoch gewachsenen Konrad Adenauer ist oder Teddy Kollek, der die Beine von Marlene Dietrich ignoriert. Ob es das Foto eines deutschen Freiwilligen 1962 im Kibbuz ist oder eines deutschen Freiwilligen im Jahr 2014.

Alle Bilder spiegeln viele einzelne Geschichten wider, die zusammen eine große Erzählung ergeben. Die Erzählung von zwei Ländern, die durch die Kluft des größten Menschheitsverbrechens in der Geschichte getrennt waren. Die es dennoch schafften, eine Brücke über diese Kluft zu bauen.

Es ist die Erzählung vom Mut einzelner Menschen, diese Brücke zu konstruieren und sie zu betreten. Auch von Menschen, die zunächst lieber die unüberwindbare Kluft beibehalten hätten. Und es ist die Erzählung von Menschen, die nicht nur die Brücke betreten, sondern sich auf ihr getroffen haben, sich versöhnt haben und Freundschaft geschlossen haben.

Eine vergleichbare Geschichte zwischen zwei Staaten, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es nicht auf der Welt. Heute scheint diese Geschichte jedoch leider immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Daher möchte ich diese Gelegenheit ergreifen, um deutlich zu unterstreichen:

Für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und weltweit ist Israel die Rückversicherung. Niemals werden wir dem jüdischen Staat neutral gegenüberstehen. Die Existenz Israels ist für uns nicht eine Frage der Staatsräson, sondern der Lebensräson.

Das Eintreten für die Sicherheit Israels ist immer noch Konsens in der deutschen Politik. Doch ich frage mich besorgt: Handelt es sich um Sonntagsreden oder wird diese Zusicherung tatsächlich mit Leben erfüllt?

Auch Deutschland hat im Januar dem Atomdeal mit dem Iran zugestimmt. Vizekanzler Gabriel war als einer der ersten Vertreter eines westlichen Staates mit einer Wirtschaftsdelegation in Teheran. Doch der Fakt ist: der Iran bedroht Israel. Er spricht Israel sein Existenzrecht ab.

Ebenso erwarten wir eine eindeutige Haltung der Bundesregierung zur Kennzeichnungspflicht israelischer Waren. Es ist doch kein Zufall, dass von mehr als 200 umstrittenen Gebieten weltweit lediglich am jüdischen Staat ein anderer Maßstab angelegt wird und eine gesonderte Kennzeichnung von der EU akzeptiert wird. Das hat nichts mit Verbraucherschutz zu tun. Das ist ein Angriff auf die Legitimität des Staates Israel!

Israel jenseits aller sachlichen Argumente an den Pranger zu stellen, ist längst auch in bürgerlichen Kreisen zum Gesellschaftssport geworden. Auch in den Medien wird selbst nach Attentaten auf Israelis immer wieder Israel als Ursache allen Übels dargestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind auch hier in Europa zunehmend terroristischen Anschlägen ausgesetzt, wie Israel sie seit Jahrzehnten kennt. Daher können wir nicht nur in punkto Sicherheitspolitik viel von Israel lernen. Wir können vor allem von den Israelis lernen, wie man sich dennoch ein frohes und freies Leben nicht nehmen lässt und weiterhin zum demokratischen Rechtsstaat steht.

Die Ausstellung erzählt viel von dieser Lebensart. Sie erzählt aber auch, wie hart sich die Israelis nach der Schoa und nach der Staatsgründung dieses Leben erkämpfen mussten.

Das Jubiläumsjahr der deutsch-israelischen Beziehungen erscheint mir schon wieder weit weg. Und auch in den Medien und in der Öffentlichkeit scheint schon wieder vergessen, wie wenig selbstverständlich unser gutes Verhältnis zu Israel ist. Und wie wenig selbstverständlich es ist, dass Israel den Deutschen so freundlich begegnet.

Ich bin sehr froh, dass diese Ausstellung daran wieder erinnert, und wünsche mir in diesem Sinne, dass viele Menschen diese Ausstellung besuchen.

Ich danke Ihnen!

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