Internationale Konferenz der bucharischen Juden



Grußwort des Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, bei der Internationalen Konferenz der bucharischen Juden, 10.9.2019, Hannover

Anrede,

sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz!

Für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist es eine besondere Freude, dass Sie aus so vielen Ländern angereist sind, um hier die 8. Internationale Konferenz der Bucharischen Juden abzuhalten. Im Namen des Zentralrats der Juden in Deutschland und seines Präsidenten Dr. Josef Schuster möchte ich Sie herzlich willkommen heißen!

Am Ende des Jahres 5779 setzen Sie sich auf dieser Konferenz mit einer sehr aktuellen Frage auseinander: den Chancen und Grenzen der Integration. Ich denke, es wird für Sie alle gewinnbringend sein, diese Frage anhand von Erfahrungen aus verschiedenen Ländern zu diskutieren.

In Deutschland ist nach der Schoa durch die Zuwanderung von Juden aus anderen Ländern, vor allem aus Osteuropa, eine vielfältige jüdische Gemeinschaft entstanden. Wir sind sehr glücklich, dass wir heute sehr unterschiedliche Strömungen hier vereinen. Von Chabad und Lauder bis zu den in der Union Progressiver Juden organisierten liberalen Juden reicht dieser Fächer. Hannover selbst bietet mit seinen drei jüdischen Gemeinden das beste Beispiel für diese Vielfalt.

Trotz der Unterschiede ist die jüdische Gemeinschaft von einem starken Zusammenhalt geprägt.

Den brauchen wir auch. Denn die politische Lage und das gesellschaftliche Klima haben sich in den zurückliegenden Jahren leider nicht sehr positiv entwickelt. Weltweit haben Juden mit Herausforderungen zu kämpfen, auf die wir gerne verzichten würden.

Bei dem schlimmsten antisemitischen Anschlag in der Geschichte der USA wurden im Oktober 2018 in der Synagoge „Tree of Life“ in Pittsburgh elf Menschen ermordet. In Europa müssen wir unsere Religionsfreiheit zunehmend verteidigen: Debatten über das Schächten finden nun auch innerhalb der „etablierten“ Parteienlandschaft in Deutschland statt. Zudem feiert die rechtspopulistische AfD anhaltend Wahlerfolge in den Bundesländern. Das wurde gerade wieder in Brandenburg und Sachsen sichtbar. Und es ist leider auch im Oktober bei der Landtagswahl in Thüringen zu befürchten, dass die AfD viele Stimmen erhalten wird.

Mitunter gibt sich die AfD als Freund der Juden aus. Das ist als populistische Masche jedoch leicht durchschaubar. Die AfD verfährt meines Erachtens nach dem Prinzip: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Sie drücken Sympathie gegenüber Israel aus und stellen sich vermeintlich an die Seite der jüdischen Gemeinschaft, weil sie hoffen, Juden als Verbündete gegen Muslime zu gewinnen. Die AfD will die jüdische Gemeinschaft instrumentalisieren, um gegen Muslime Stimmung zu machen.

Leider hat diese Masche bei einer kleinen Zahl von Juden verfangen. Bei der Mehrheit jedoch nicht! Weder betrachten wir Muslime als unsere Feinde noch wollen wir dieser spalterischen und in Teilen völkischen Partei folgen!

Insgesamt ist bereits zu spüren, dass die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und  Andersgläubigen in der Mehrheitsgesellschaft spürbar abgenommen hat. Wir hören verstärkt von verbalen und auch von physischen Attacken gegen Menschen, die als Juden erkennbar sind. Jüngst sind in kurzer Zeit in Köln, in Hamburg, in Berlin und in München Rabbiner beleidigt und bespuckt worden. Das ist erschreckend und völlig inakzeptabel.

Dennoch möchte ich betonen: In Deutschland steht der größte Teil der Gesellschaft fest an der Seite der jüdischen Gemeinschaft. Die Einsetzung von Beauftragten gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben im Bund und auch in vielen unserer einzelnen Bundesländer zeigt, dass es der Politik mit diesem Auftrag sehr ernst ist. Auch aus der Zivilgesellschaft gab es nach den Attacken auf die Rabbiner viel Solidarität.

Doch es ist wichtig, sich über die gesellschaftlichen Entwicklungen auszutauschen, wie Sie es auf dieser Konferenz machen.

Ich wünsche Ihnen weiterhin eine gute Tagung, vor allem aber wünsche ich Ihnen und Ihren Familien sowie der jüdischen Gemeinschaft weltweit, mit Mut und Zuversicht ins neue Jahr zu gehen!

Schana Towa umetuka!

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