Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann, zeigte sich sehr zufrieden über den zügig vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur religiösen Beschneidung an Jungen.
„Es ist ein klares politisches Signal, dass Juden und Muslime weiterhin in Deutschland willkommen sind. Wir sind froh, dass jüdische Gebote und damit jüdisches Leben nicht in die Illegalität gedrängt werden. Rechtssicherheit bedeutet in diesem Falle zugleich Zukunftssicherung des Judentums in Deutschland." Das Recht auf religiöse Beschneidung an Jungen soll als neuer Paragraf (§1631d) im Recht der elterlichen Sorge des Bürgerlichen Gesetzbuchs gesichert werden. Die Regelung „im Familienrecht ist hierbei besonders zu begrüßen", so Dr. Graumann weiter, „denn schließlich ist die Brit Mila (Jüdische Beschneidung an Jungen am 8. Tag nach der Geburt) ein elementarer, identitätsstiftender Bestandteil jüdischer Religion und keine Straftat."
Der Präsident des Zentralrats lobte das Bundesjustizministerium für seine „ausgewogene Vorarbeit, die den mitunter holprigen Weg zu diesem vernünftigen Entwurf geebnet hat." Der Gesetzentwurf, der am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet und anschließend zur Abstimmung dem Bundestag vorgelegt werden soll, erlaubt eine Durchführung der Beschneidung bei Jungen bis zum sechsten Lebensmonat durch eine, „von einer Religionsgemeinschaft dazu vorgesehene, besonders dafür ausgebildete Person", wie es dort heißt. Dies ermöglicht auch künftig die Durchführung der Beschneidung nach jüdischer Tradition durch Mohalim (jüdische Beschneider). „Sicherlich müssen wir hier auch einige Kompromisse eingehen, dennoch ist die Tatsache, dass unsere fachgerecht ausgebildeten Mohalim die Brit Mila nach jüdischem Gebot durchführen können, ein guter und wichtiger Beschluss."
Angesichts der angedeuteten Aufhebung des Fraktionszwangs bei der Abstimmung des Entwurfs im Bundestag, vertraut Dieter Graumann auf den verantwortungsbewussten Umgang der Abgeordneten mit religiösen Minderheiten: „Ich glaube daran, dass unsere politisch gewählten Repräsentanten nach bestem Wissen und Gewissen dem Gesetzentwurf zustimmen werden und damit eindeutig demonstrieren, dass jüdisches Leben nicht nur zu Deutschland gehört, sondern ein Teil Deutschlands ist."
Der Zentralratspräsident wünscht sich, dass auch in der Zivilgesellschaft das Verständnis und der Respekt für jüdisches Leben wieder wachse: „Die Beschneidungsdebatte hat mitunter sehr feindlich gesinnte Töne hervorgebracht, die rational nicht mehr zu erklären waren. Nirgendwo sonst auf der Welt wurde die Debatte mit solch einer Schärfe, Kälte und zuweilen brutalen Intoleranz geführt. Ich hoffe, dass wir nach der rechtlichen Sicherheit, nun auch eine emotionale Sicherheit von den Menschen hierzulande erfahren, denn nur im verständnisvollen Miteinander wird die Vielfalt als Bereicherung erlebt und gewürdigt."