Dank für Solidarität mit jüdischer Gemeinschaft



Foto: Tobias Barniske

Grußwort von Dr. Josef Schuster bei der Verleihung des Abraham-Geiger-Preises an Bundeskanzlerin Angela Merkel, 2.12.2015

Anrede,

es ist mir eine große Freude, bei der Verleihung des Abraham-Geiger-Preises an Sie, verehrte Frau Bundeskanzlerin, dabei zu sein!

Sie werden für Ihre unverbrüchliche Solidarität zur jüdischen Gemeinschaft ausgezeichnet, als Garantin der Freiheit der Religionen in der modernen Gesellschaft. Ich danke dem Abraham-Geiger-Kolleg ganz ausdrücklich für die Auswahl dieser Preisträgerin. Als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland kann ich nur bestätigen: Sie haben diesen Preis mehr als verdient!

Ich erinnere mich gut, wie Sie Ende 2012 bei unserer Ratsversammlung in Frankfurt zu Gast waren. Uns saß das Jahr der unglückseligen Debatte über die Beschneidung noch in den Knochen. Mit Ihrer Rede haben Sie uns damals viel Mut gemacht. Und wir spürten: Ihr Eintreten für uns, für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland, ist für Sie keine lästige Pflichtübung. Nein, es kommt von Herzen und entspricht Ihrer Überzeugung. Wir haben damals mit standing ovations Ihre Rede gewürdigt – ich darf Ihnen heute verraten: Das gibt es nicht oft bei uns!

Ebenso deutlich haben Sie im vergangenen Jahr bei unserer Kundgebung am Brandenburger Tor die antisemitischen Parolen auf den israelfeindlichen Demonstrationen verurteilt. Sie sagten in Ihrer Rede: „Wer Menschen, die eine Kippa oder eine Kette mit einem Davidstern tragen, (…) angreift (…), der schlägt und verletzt uns alle“.

Im vergangenen Jahr waren es die antisemitischen Anfeindungen, die uns besonders getroffen haben. In diesem Jahr stehen wir ebenso wie die gesamte Gesellschaft unter dem Eindruck der islamistischen Terrorangriffe von Paris im Januar und vor gut zwei Wochen. Ausgerechnet im Namen einer Religion ermorden Terroristen unschuldige Menschen und wollen sowohl unsere Religionsfreiheit als auch das friedliche Miteinander der Religionen torpedieren.

Und hinzu kommt in diesem Jahr die Flüchtlingsthematik, die die Menschen verunsichert. Nun wird es niemandem in diesem Saal entgangen sein, und Ihnen, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, erst recht nicht, dass ich in den Medien zitiert wurde mit der Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge. Ich wurde zugleich als Unterstützer der CSU bezeichnet und – so mein Eindruck – von einigen Medien genüsslich gegen Sie in Stellung gebracht.

Es ist mir wichtig, heute Abend diesen Eindruck zu korrigieren. Ich hatte lediglich einen Gedanken formuliert, den ich mit Ihnen, sehr geehrte Frau Merkel, längst besprochen hatte: nämlich, dass wir die Flüchtlinge, die wir aufnehmen, auch in unsere Gesellschaft integrieren und mit unseren Grundwerten vertraut machen müssen.

Denn in den jüdischen Gemeinden gibt es die Sorge, in meinen Augen eine berechtigte Sorge, die Flüchtlinge könnten die Judenfeindlichkeit mitbringen, die in ihren Heimatländern zum Alltag gehört. Eine erfolgreiche Integration wird aber meines Erachtens immer schwieriger, wenn die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, auch im nächsten und übernächsten Jahr auf dem gleichen Niveau bliebe wie in diesem Jahr. Deshalb sollte unser Ziel eine europäische Lösung sein, die den flüchtenden Menschen effektiv hilft und die Aufnahmestaaten entlastet. Denn es gehört zum jüdischen Selbstverständnis, Menschen in Not zu helfen und ihnen Schutz zu gewähren. Auch Sie, geehrte Frau Bundeskanzlerin, bemühen sich auf europäischer Ebene, zu einer besseren Verteilung der Flüchtlinge zu kommen, und daher liegen wir in unserem Anliegen wohl gar nicht so weit auseinander.

In jedem Fall bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie ein offenes Ohr für die Sorgen der jüdischen Gemeinschaft gezeigt haben. Sie haben uns den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland zugesichert. Das ist uns wichtig, gerade angesichts der Tatsache, dass viele Flüchtlinge aus Ländern stammen, in denen nicht die Sicherheit Israels, sondern die Feindschaft zu Israel zur Staatsmeinung gehört.

Sie hingegen, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, stehen als Garantin für die Freundschaft zu Israel. Sie lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Sie die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel ernst nehmen. Das ist in der heutigen Politikergeneration leider nicht mehr selbstverständlich.

Ihre Treue und Aufrichtigkeit, mit der Sie an der Seite der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, in Europa und weltweit stehen, ist für uns gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je. Wir wissen das sehr zu schätzen. Dafür möchte ich Ihnen am heutigen Abend unseren tiefen Dank aussprechen! Toda raba!

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