"Brücken bauen zwischen den Religionen"



Foto: Stefan Kranz, Achava e. V.

Rede von Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster zur Eröffnung der Achava-Festspiele in Erfurt, 27. August 2015

Anrede,

es ist mir eine ganz besondere Freude, heute als Schirmherr die Achava-Festspiele mit zu eröffnen!

Sie finden zum ersten Mal statt – und einen besseren Zeitpunkt hätten Sie, die Initiatoren, sich gar nicht aussuchen können.

Achava ist das hebräische Wort für „Brüderlichkeit“. Sie bauen mit diesen Festspielen Brücken zwischen den Kulturen, zwischen den Religionen. Sie erinnern uns alle daran, dass wir Brüder und Schwestern sind, dass es viele Verwandtschaften zwischen den großen Religionen gibt. Sie erinnern daran, dass das Christentum seine Wurzeln im Judentum hat. Sie erinnern daran, dass gerade unter muslimischer Herrschaft in vielen Teilen der Welt einst eine Hochkultur entstanden war, in der nicht selten Juden eine Zufluchtsstätte vor Verfolgung durch Christen fanden.

Bei diesen Festspielen werden wir über anderthalb Wochen erleben dürfen, wie sich die Kulturen gegenseitig befruchtet haben und noch immer befruchten.Wie reich wir sind durch diese kulturellen Schätze.

Dabei geht es nicht darum, alle Unterschiede zu verwischen oder gar zu leugnen. Wir werden auch nicht anderthalb Wochen lang einfach über unsere Differenzen hinwegsehen. Brüderlichkeit bedeutet auch: Sich auf Augenhöhe zu begegnen und Konflikte auszuhalten. Dem anderen zugewandt sein, ihn ernst nehmen, aber auch sagen, wo der Schuh drückt. Und genau deshalb kommen diese Festspiele zum richtigen Zeitpunkt.

Was wir derzeit in Deutschland erleben, ist genau das Gegenteil: Muslime werden verunglimpft, der Antisemitismus nimmt zu, Flüchtlinge werden als Fremde abgelehnt. Menschen, die bei uns Zuflucht und Sicherheit suchen, müssen sich anpöbeln lassen. Ihre Unterkünfte werden in Brand gesetzt oder Scheiben werden eingeschmissen. Ausgerechnet jene Menschen, die oft nur ihr Leben retten konnten und hierher geflohen sind, müssen auch hier von der Polizei geschützt werden.

Es gibt aber auch viele Bürger, die sich dem Pöbel entgegenstellen. Sie zeigen Mut und Zivilcourage.An dieser Stelle möchte ich ihnen meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen! Denn dieses Hetzen gegen Flüchtlinge, gegen Ausländer und gegen Minderheiten dürfen wir nicht hinnehmen! Die Geschichte hat uns grausam gelehrt, wohin das führt.

Und festzuhalten bleibt auch: Wo Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden, wo Kulturen ausgelöscht wurden, sind die Staaten in ihrer Entwicklung zurückgefallen. Wo sich aber die Kulturen offen begegnet sind und voneinander gelernt haben, war dies stets zum Segen der Menschheit.

Es wird bei den Achava-Festspielen viel Gelegenheit geben zum Gespräch, viel Gelegenheit, um voneinander zu lernen. Es wird aber auch viel Musik geben. Musik öffnet die Herzen. Und mir scheint, das ist in dieser Zeit bitternötig.

Daher danke ich den Leitern und Initiatoren dieses Festivals: Martin Kranz, Jascha Nemtsov und Hellmut Seemann. Und ich wünsche uns allen nicht nur ein wunderbares Festival mit hohem Kulturgenuss. Sondern ich wünsche mir auch, dass die Achava-Festspiele in unseren Köpfen und Herzen etwas in Bewegung setzen. Dass sie uns neue Perspektiven eröffnen und zum Nachdenken anregen.

Und ich wünsche mir, dass die Festspiele nach außen wirken und ausstrahlen in dieses Land. Denn wenn zum Schluss auch nur ein einziger Mensch seine Vorurteile ablegt und offen auf Menschen aus anderen Kulturen zugeht, dann hätten diese Festspiele schon ihren Sinn gehabt.

Ich danke Ihnen!

Weitere Informationen zu den Festspielen: http://www.achava-festspiele.de/

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