Presseerklärung zur Fachtagung zu Antisemitismus in der Schule
22. Juni 2022
Presseerklärung

Presseerklärung zur Fachtagung zu Antisemitismus in der Schule

Beschriftung:

 

Der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und die Kultusministerkonferenz haben heute eine gemeinsame Fachtagung zum Thema „Herausforderungen bei der Umsetzung der Gemeinsamen Empfehlung zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule“ in der Landesvertretung des Freistaats Bayern beim Bund ausgerichtet. Die im Juni 2021 verabschiedete Empfehlung enthält Konkretisierungen und Leitlinien für den Umgang mit Antisemitismus im Unterricht wie im schulischen Alltag. Bei der Fachtagung wurde insbesondere darüber diskutiert, wie Lehrkräfte auf diese Aufgabe vorbereitet, dafür professionalisiert und sensibilisiert werden können. Es ging zudem darum, wie Schulen offenem oder verstecktem Antisemitismus in ihrer Bildungseinrichtung entgegentreten können.

Dazu die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig, die die Präsidentin der Kultusministerkonferenz 2022, Karin Prien, bei diesem Anlass vertrat: „Die Empfehlung setzt sich dafür ein, das Judentum im Unterricht nicht auf die Themen der Verfolgung und Schoah sowie die Opfer-Perspektive zu reduzieren. Es geht vielmehr darum, Judentum und jüdisches Leben nicht auf den Kontext von Ausgrenzung, Verfolgung und Völkermord zu beschränken, sondern in seiner ganzen Geschichte, seiner Bedeutung und Vielfalt zu begreifen, auch davor und danach. Unser aktives Eintreten gegen Antisemitismus dient nicht allein dem Schutz jüdischer Menschen, sondern es ist zugleich ein wirksamer Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie. Dies ist wichtiger denn je, wie uns der verbrecherische Angriff auf die ukrainische Bevölkerung zeigt. Wir erfahren gerade schmerzhaft, wie sich unser Selbstverständnis zum friedlichen Zusammenleben in Europa schlagartig verändert. Mehr noch: Der Aggressor bezeichnet die demokratisch legitimierte Staatsführung eines friedliebenden Landes propagandistisch als Nazis, obwohl dessen Präsident jüdische Wurzeln hat. Diese groteske Umdeutung von Tatsachen und Geschichte macht einmal mehr deutlich, dass – 2 –

 

das Eintreten gegen Antisemitismus ein integraler Bildungsauftrag unserer Schulen sein muss.“

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „In den Schulen müssen wir ebenso wie in der Gesellschaft zu einer Kultur des Hinschauens kommen. Dafür müssen wir in der Bildungspolitik und der Lehrerbildung neue Wege einschlagen. Lehrkräfte aller Schulformen und Fächer müssen in der Lage sein, auf jegliche Formen des Antisemitismus adäquat zu reagieren, auch wenn es sich zum israelbezogenen Antisemitismus handelt. Hier darf es keine Toleranz geben. Mit dieser Herausforderung wollen wir Lehrerinnen und Lehrer jedoch nicht alleine lassen. Neben gezielter Aus- und Fortbildung müssen auch Curricula und Lehrmaterialien weiterhin auf den Prüfstand. Die heutige Tagung war dafür ein guter Startschuss.“

Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus: „Diese Fachtagung ist ein wichtiger Schritt, um die im Juni 2021 verabschiedete Gemeinsame Empfehlung zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule weiter mit Leben zu füllen. Ich freue mich sehr, dass dazu heute maßgebliche Akteurinnen und Akteure an einem Tisch zusammengekommen sind. Unser Ziel sollte es sein, dass die Inhalte der Erklärung baldmöglichst von den Ländern verbindlich umgesetzt werden. Dieses gemeinsame Engagement von Bund, Ländern und Zivilgesellschaft zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, um gemeinsam Antisemitismus an Schulen die rote Karte zu zeigen.“

Dr. Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe: „Diese hochkarätig besetzte Fachtagung zeigt, dass es einen großen politischen Willen gibt, die gemeinsame Empfehlung von KMK, Zentralrat und BLK in die Praxis umzusetzen. Damit wird auch ein starker Anschub gegeben, die schulischen Instrumente im Kampf gegen Antisemitismus kontinuierlich weiterzuentwickeln.“

Am Vormittag referierte Prof. Dr. Julia Bernstein, Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences, in einem Impulsvortrag zu „Antisemitismus in der Schule – Befunde und Handlungsstrategien“. Anschließend wurden die Herausforderungen einer schulischen Bildungsarbeit gegen Antisemitismus in eine Podiumsrunde diskutiert sowie verschiedene Workshops veranstaltet. Die Veranstaltung richtete sich vor allem an Entscheidungsträger aus der Bildungsverwaltung von Schule und Hochschule, Fachreferenten der Demokratiebildung/Extremismusprävention sowie Lehrkräftebildner und Lehrkräfte.

Mit Ausnahme einzelner Workshops wurde die Veranstaltung auch via Livestream übertragen und kann unter folgendem Link auch youtu.be/22oyTOljIAM weiterhin angesehen werden. – 3 –

 

Hintergrund

 Gemeinsame Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule (Beschluss des Präsidiums des Zentralrats der Juden in Deutschland vom 18.03.2021, Beschluss der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten vom 26.04.2021, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.06.2021)

 Julia Bernstein, Marc Grimm, Stefan Müller (Hrsg.), Schule als Spiegel der Gesellschaft – Antisemitismen erkennen und handeln, Wochenschau Verlag, Frankfurt 2022

 Samuel Salzborn (Hg.): Schule und Antisemitismus. Politische Bestandsaufnahme und pädagogische Handlungsmöglichkeiten, 2. Aufl., Weinheim 2021

www.beltz.de/fachmedien/paedagogik/produkte/details/45870-schule-und-antisemitismus.html

 Publikationen des Kompetenzzentrums

 

zwst-kompetenzzentrum.de/publikationen/

 Film: Jung und jüdisch in Baden-Württemberg

Weitere Presseartikel

02.04.2025
Presseerklärung
75 Jahre im Einsatz für Demokratie
Alt-Bundespräsidenten Gauck und Wulff würdigen die Arbeit des Zentralrats
28.03.2025
Presseerklärung
Statement zum Al-Quds-Tag
Ich rufe alle muslimischen Verbände auch im Sinne ihrer eigenen Glaubwürdigkeit dazu auf, sich aktiv gegen diesen Missbrauch ihres Glaubens zu positionieren. Jeder weiß, was von Al-Quds-Märschen zu erwarten ist, sie sollten verboten werden.
26.03.2025
Presseerklärung
Tiefpunkt deutscher Außenpolitik
Dr. Josef Schuster im Tagesspiegel:  „Die Bundesrepublik Deutschland hat mich enttäuscht, was ihr öffentliches Eintreten bezüglich des Schicksals der Hamas-Geiseln angeht.
22.02.2025
Presseerklärung
Statement Dr. Schuster zur Bundestagswahl 2025
Der heutige Wahlabend lässt eine schwierige Regierungsbildung erahnen. Ich appelliere an alle handelnden Personen, sich ihrer Verantwortung für eine stabile Regierung bewusst zu sein.
13.02.2025
Presseerklärung
Statement zum Start der 61. Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar 2025
Dr. Josef Schuster: „Als wohl wichtigste internationale Konferenz über globale Sicherheitspolitik, müssen die MSC 2025 und die dort versammelten Entscheider eine klare Haltung ...
09.02.2025
Presseerklärung
Tachles Pur
Pünktlich zur Bundestagswahl 2025 haben wir alle Interviews unserer Reihe „Tacheles Pur“ abgeschlossen – und jetzt sind sie online! In unseren exklusiven Video-Interviews beantworten die Spitzenkandidaten Friedrich Merz (CDU/CSU), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Olaf Scholz (SPD) und Chris...
03.02.2025
Presseerklärung
Statement zur Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz
Dr. Josef Schuster: „Der Verlust des Willens zum Konsens der politischen und parlamentarischen Mitte in diesem Land beunruhigt mich zutiefst.
27.01.2025
Presseerklärung
80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
Es ist nie Routine, wenn wir am 27. Januar der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedenken. Doch gerade in diesem Jahr, 80 Jahre nach der Befreiung, muss uns die Erinnerung an diesen so schwer fassbaren Ort, der für das Unbegreifliche der Schoa steht, noch nachdenklicher machen als ohne...
22.01.2025
Presseerklärung
"Tachles Pur" – Junge politische Perspektiven zur Bundestagswahl 2025
Am 11. Februar um 19:00 Uhr diskutieren wir in Kooperation mit der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) über junge politische Perspektiven zur Bundestagswahl 2025.
22.01.2025
Presseerklärung
"Tachles Pur" – Der Talk zur Bundestagswahl 2025
Am 10. Februar um 19:00 Uhr diskutieren wir in Kooperation mit der Jüdischen Allgemeinen mit wichtigen politischen Journalisten über die Haltungen der Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl und mögliche Regierungspositionen.
10.01.2025
Presseerklärung
Statement Dr. Schuster zur Besetzung der Alice-Salomon-Hochschule
„Was seit Beginn der Woche an der ASH in Berlin vor sich geht, ist skandalös. Wenn eine Rektorin an ihrer Hochschule Terrorverherrlicher und Hamas-Liebhaber gewähren ...
08.01.2025
Presseerklärung
Kabinettsbeschluss zur Neuregelung der Restitution von NS-Raubkunst
Es ist eine gute Entwicklung, dass das Bundeskabinett in diesen herausfordernden politischen Zeiten heute der Neuregelung der Restitution von NS-Raubkunst auf ein paritätisches Schiedsgericht zugestimmt hat.
16.12.2024
Presseerklärung
Wegweisende Erklärung zur Darstellung des Judentums in Bildungsmedien unterzeichnet
Die Bildungsministerkonferenz hat heute eine umfassende gemeinsame Erklärung und Empfehlungen zur sachgerechten und differenzierten Darstellung des Judentums in Bildungsmedien verabschiedet.
09.12.2024
Presseerklärung
Zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland
Alle Informationen im Überblick
05.12.2024
Presseerklärung
Gaza-Bericht von Amnesty International
„Das Leid der Menschen in Gaza ist immens. Sich für ein Ende dieses Leids einzusetzen, ist ein menschliches Anliegen. Die dämonisierende Verurteilung Israels durch Amnesty International sprengt jedoch jeden Rahmen.
28.11.2024
Presseerklärung
Gemeindebarometer 2024
Der Zentralrat der Juden in Deutschland veröffentlicht – fünf Jahre nach der ersten Publikation – erneut ein Gemeindebarometer. Es wird eindrücklich klar, wie wichtig diese Form des Dialogs und des konstruktiven Feedbacks mit den Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft für den Zentralrat ist. Jüdi...
25.11.2024
Presseerklärung
Die Ratsversammlung 2024
Knapp 90 Delegierte aus Landesverbänden und Groß-Gemeinden sind zur Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland am 24. November 2024 in München zusammengetreten. Es ist die Zweite Zusammenkunft der Vertreter jüdischer Gemeinden seit dem grausamen Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 und ...
21.11.2024
Presseerklärung
Statement Dr. Schuster zum Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant
„Dieser Haftbefehl gegen einen Premierminister eines demokratischen Staates und seinen früheren Verteidigungsminister ist eine Absurdität...
Nach oben scrollen