Offener Brief an den Deutschen Bundestag
13. Juni 2017
Presseerklärung

Offener Brief an den Deutschen Bundestag

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Volker Kauder,
sehr geehrter Herr Vorsitzender Thomas Oppermann,
sehr geehrte Frau Vorsitzende Dr. Sahra Wagenknecht,
sehr geehrter Herr Vorsitzender Dr. Dietmar Bartsch,
sehr geehrte Frau Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt,
sehr geehrter Herr Vorsitzender Dr. Anton Hofreiter,
sehr geehrte Frau Barbara Woltmann,
sehr geehrte Frau Gabriele Fograscher,
sehr geehrte Frau Petra Pau,
sehr geehrter Herr Volker Beck,

am 24. April hat der „Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus des Deutschen Bundestages“ seinen zweiten Bericht vorgelegt. Wie aus dem Bericht deutlich wird, ist der Antisemitismus weiterhin ein vielschichtiges und gesamtgesellschaftliches Problem. Wir schließen uns daher den fünf wesentlichen Empfehlungen des Expertenkreises an:

Berufung eines Antisemitismusbeauftragten und Verstetigung des unabhängigen Expertenkreises.
Konsequente Erfassung, Veröffentlichung und Ahndung antisemitischer Straftaten.
Dauerhafte Förderung von Trägern der Antisemitismusprävention
Schaffung einer ständigen Bund-Länder-Kommission
Langfristig angelegte Forschungsförderung zum Antisemitismus

Als zentrales Element erachten wir vor allem die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten beim Bundeskanzleramt. Damit wäre eine Instanz geschaffen, die insbesondere die Fortschritte in der Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Expertenkreises kontinuierlich überprüfen könnte. In Frankreich und auch bei der Europäischen Union gibt es bereits einen Beauftragten und dieses Modell hat sich bewährt. Mit der Schaffung eines deutschen Pendants würde nicht nur die deutsch-französische Zusammenarbeit gestärkt werden, sondern die beiden Länder würden damit in Europa in der Antisemitismusbekämpfung vorangehen. Ebenso kann ein Beauftragter die Arbeit der verschiedenen Ressorts effektiv koordinieren und für die Jüdische Gemeinschaft und die Zivilgesellschaft als ein Ansprechpartner fungieren.

Für die praktische Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, aber auch zivilgesellschaftlicher Projekte ist zudem eine konsistente und erprobte Definition dringend erforderlich. Die Arbeitsdefinition Antisemitismus wurde im vergangenen Jahr auch dank des Engagements des Auswärtigen Amtes von den 31 Mitgliedstaaten der „International Holocaust Remembrance Alliance“ (IHRA) adaptiert. In der Folge haben Österreich, das Vereinigte Königreich und Rumänien die Working Definition verabschiedet. Ebenso hat das Europäische Parlament in seiner Sitzung vom 01. Juni 2017 die Übernahme der Working Definition beschlossen. Um den Antisemitismus in Deutschland effektiver bekämpfen zu können, sind einheitliche Standards bei der Definition und Erfassung antisemitischer Straftaten und Vorfälle unerlässlich. Eine entsprechende Resolution durch den Bundestag wäre in dieser Hinsicht auch ein starkes Signal an Ministerien und Behörden, sich die Working Definition als Leitlinie zu übernehmen.

Vor dem Hintergrund der alarmierenden Ergebnisse des Berichts rufen wir Sie somit eindringlich auf, die fünf wesentlichen Forderungen des Expertenkreises zügig umzusetzen. Wir wissen, dass gerade in einem Wahljahr viele andere Themen im Vordergrund stehen. Dennoch darf es in diesem Fall keine Verzögerung geben. Die Problematik ist zu groß, als dass diese Entscheidungen auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben werden könnten.

Wir, die Unterzeichnenden, bitten Sie daher, sich für einen gemeinsamen und überfraktionellen Antrag noch in dieser Legislaturperiode stark zu machen, der die rasche Umsetzung der zentralen Empfehlungen fordert.

Berlin, den 12.06.2017

Unterzeichnende:
Amadeu Antonio Stiftung, AJC Berlin Ramer Institute for German-Jewish Relations, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Deutsch-Israelische-Gesellschaft e.V., Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V., Zentralrat der Juden in Deutschland, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.

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