Feierliche Enthüllung der Gedenktafel am Standort des ehemaligen Logenhauses von B’nai B’rith in Berlin
Freies Denken, soziale Wohlfahrt und Toleranz bis hin zum Kampf gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit: mit diesen Werten verbinde ich die Arbeit von B’nai B’rith. Werte, die wir heute mit der Enthüllung der Ehrentafel am ehemaligen Logenhaus würdigen.
Bald nach seiner Gründung in den USA etablierte sich mit diesen Grundsätzen auch im Deutschen Kaiserreich eine stolze Landschaft der Söhne des Bundes, gerade Berlin wurde zum intellektuellen Zentrum von B’nai B’rith.
Politisch spiegelt der Bund bis heute eine Ansicht wider, die wir als „Mitte“ bezeichnen – nicht in dem inflationären Sinne, nach dem heute fast alles als Mitte bezeichnet wird, sondern in einer historischen Kontinuität, die bis ins Kaiserreich zurückreicht und die sich an liberalen, ja bürgerlichen, Grundsätzen orientiert, die offen für die sozialen Belange aller Menschen sind.
Die Anziehungskraft dieses Denkens zeigte sich nach 1945, als aus den Trümmern dieses Landes hier in Berlin, aber auch in Frankfurt, in München, in Düsseldorf und Köln noch im Jahr des Kriegsendes neue Logen gegründet wurden – von Schoa-Überlebenden. B’nai B’rith wurde in Deutschland dadurch nach dem unermesslichen Leid der Schoa auch ein Anker für die geschundenen jüdischen Seelen.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland brauchte im Übrigen fünf Jahre länger, bis er sich gründete – genauer gesagt am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main. Gemeinsam gingen B’nai B’rith und Zentralrat bis heute diesen langen Weg im Einsatz für Demokratie und Menschlichkeit in Deutschland und waren stete Begleiter unserer Gesellschaft.
Eine Person symbolisiert diese „Verwebung“ wie keine andere, und zwar Rabbiner Leo Baeck seligen Angedenkens. 1924 wurde Baeck Großpräsident von B’nai B’rith in Deutschland, sein Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus war die Grundlage für jüdisches Leben in Deutschland nach 1945. Im Grunde verkörpert Baeck den Weg des Judentums in unserer Zeit, der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und des beginnenden 21. Jahrhunderts. Es braucht immer ein Dach, das alle Denominationen unter sich vereint; eine Möglichkeit, dass Strömungen auch im gegenseitigen Austausch miteinander wachsen und das Judentum in seiner Vielfalt zur Blüte bringen können. Das ist das Erbe Leo Baecks, dem sich der Zentralrat auch heute noch verpflichtet fühlt. Unsere Zentrale in Berlin trägt nicht zufällig den Namen Leo-Baeck-Haus.
Meine Damen und Herren, ich danke B’nai B’rith für über 140 Jahre gesellschaftliches Engagement in Deutschland und ich danke der Raoul-Wallenberg-Loge, dieses Andenken in aktives gesellschaftliches Handeln umzusetzen. Es ist in unserer Zeit wichtiger denn je. Wir stehen fest zusammen, wenn jüdisches Leben in Deutschland bedroht und angefeindet wird und wenn Israelfeindlichkeit bis in die Mitte unserer Gesellschaft vordringt.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!