Zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland
Politische Forderungen des Zentralrats der Juden in Deutschland für die Bundestagswahl 2025
Es ist etwas aus den Fugen geraten in diesem Land. Nach dem 7. Oktober 2023 ist jüdisches Leben mehr denn je seit der Schoa in Gefahr. Jüdinnen und Juden sind in Teilen unseres Landes nicht mehr sicher vor Anfeindungen, Ausgrenzungen und körperlicher Gewalt Es hat sich eine Querfront von links bis rechts, von einem muslimisch-islamistischen Milieu bis in die Mitte der Gesellschaft gebildet, die die Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens der Gegenwart sowie unserer Erinnerungskultur in Frage stellt.
Die Solidaritätsadressen der Politik an die jüdische Gemeinschaft in Deutschland waren wichtig und haben vor Schlimmerem geschützt. Aus den Werten unserer freiheitlichen Gesellschaft und insbesondere aus der Singularität der Schoa erwächst eine Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens. Darauf haben auch die außen- und migrationspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung deutliche Auswirkungen.
Es braucht einen wirklichen Wandel zum Schutz - und damit auch zur Förderung - jüdischen Lebens in Deutschland; einen Wandel in der Idee, wie wir unsere freiheitliche Gesellschaft wehrhaft machen gegen ihre Feinde. Wir stehen in Deutschland vor einem politischen Umbruch. Das ist eine Chance, konkrete Verbesserungen anzustreben.
Wir fordern die politischen Parteien dazu auf, sich zum Schutz jüdischen Lebens für folgende Maßnahmen einzusetzen:
- Strafbarkeitslücken in Bezug auf Antisemitismus in all seinen Formen konsequent zu schließen, auch im digitalen Raum;
- den Volksverhetzungsparagraphen 130 StGB zu konkretisieren und zu schärfen, insbesondere „antisemitisch” als Kriterium aufzunehmen;
- den Aufruf zur Vernichtung von Staaten unter Strafe zu stellen (als neuer § 103 StGB);
- Meldestellen für antisemitische Vorfälle im Internet zu stärken und Melde- und Löschpflichten für Plattformbetreiber auszuweiten;
- eine Koordinierungsstelle für Antisemitismusbeauftragte in der Justiz zu schaffen und sich für Antisemitismusprävention und -sensibilisierung unter Staatsbediensteten und den Angestellten im Öffentlichen Dienst einzusetzen.
- Den Entschließungsantrag „Jüdisches Leben schützen“ zu konkretisieren und verbindliche Maßnahmen umzusetzen;
- die IHRA-Arbeitsdefinition als maßgebende Definition für Antisemitismus und Grundlage für staatliche Förderungen im Zuwendungsrecht zu implementieren;
- die materiellen und personellen Maßnahmen zum Schutz jüdischer Einrichtungen zu sichern;
- Religionsfreiheit zu sichern und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften zu stärken;
- das Amt des Antisemitismusbeauftragten im Bundeskanzleramt anzusiedeln und durch eine verpflichtende Beteiligung an Gesetzesvorhaben aller Ressorts mit Bezug zu Antisemitismus und jüdischem Leben zu stärken.
- Die Gedenkstättenkonzeption fortzuschreiben und die Gedenkstätten finanziell abzusichern, ohne das Gedenken an die Schoa zu verwässern;
- ein Restitutionsgesetz für NS-verfolgungsbedingt entzogenes Raubgut einzuführen;
- das Ordensrecht hinsichtlich der An- bzw. Aberkennung von Orden im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus zu überprüfen;
- zeitgemäße Holocaust-Education dauerhaft zu fördern;
- die zusätzlichen Bedarfe für die soziale Absicherung der Schoa-Überlebenden und der Nachfolge-Generation zu gewährleisten.
- Die Sicherheit Israels als Leitfaden deutscher Außenpolitik zu verankern – sie ist deutsche Staatsräson;
- sich im Abstimmungsverhalten auf europäischer und internationaler Ebene zu der Sicherheit Israels zu bekennen, um Israel gegen antisemitisch motivierte Verurteilungen zu verteidigen und sich in Zusammenarbeit mit den Bündnispartnern für den jüdischen Staat einzusetzen;
- die deutsch-israelische Partnerschaft zu stärken und den Aufbau eines deutsch-israelischen Jugendwerks zu befördern;
- die Förderung von Projekten in den palästinensischen Gebieten auf den Prüfstand zu stellen und sich für eine Reform der UNRWA einsetzen;
- das iranische Regime als Treiber des internationalen Terrors klar zu benennen, sich dafür einzusetzen, dass die Revolutionsgarden auf die Terrorliste der EU gesetzt werden und konsequent restriktive Maßnahmen gegen das Regime umzusetzen.