Reifeprüfung für Deutschland – Plädoyer für eine Demokratie-Debatte



Heidelberger Hochschulrede des Zentralratspräsidenten Dr. Josef Schuster, 25.10.2017, Alte Universität Heidelberg

Foto: Philipp Rothe

In dieser prächtigen und geradezu Respekt einflößenden Aula möchte ich mich zuerst an jene unter uns wenden, die vermutlich mit den größten Erwartungen heute Abend hier sitzen: an die jungen Menschen, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben.

Sie alle, liebe Absolventen, sitzen hier mit Spannung. Ich bin weder so naiv noch so eingebildet zu glauben, dass es meine Rede ist, die Sie mit Spannung erfüllt. Nein, Sie freuen sich natürlich, schon bald die Urkunde in Händen zu halten, die Ihnen schwarz auf weiß bestätigt, mit welchem akademischen Grad Sie sich schmücken dürfen.

Und ich nehme es mir heraus, Ihnen schon vor der Übergabe der Urkunden ganz herzlich zu gratulieren!

Der Abschluss des Studiums ist ohne Frage im Leben eines jeden Menschen ein besonderer Moment. Es ist ein tiefer Einschnitt. Sie ziehen jetzt hinaus ins Leben und ahnen vermutlich schon: Die eigentliche Bewährungsprobe, die kommt erst noch.

Auf diesen Weg, der vor Ihnen liegt, möchte ich Ihnen etwas mitgeben. Es ist ein Anliegen, das auch für all jene gilt, die ihr Studium mit diesem Wintersemester erst aufnehmen:

Betrachten Sie Ihre Zeugnisse nicht als Abschluss, sondern als Auftrag!

Sie sind an der Hochschule für Jüdische Studien tief in die Welt des Judentums eingetaucht. Sie durften teilhaben am reichen und über Jahrtausende angesammelten Wissen. Sie haben einen Teil unserer Schriften kennengelernt – ich bin so frei, nur von einem Teil zu sprechen. Nach meiner Erfahrung haben selbst die gelehrtesten Rabbiner nicht alles gelesen.

Viele von Ihnen haben diese Studien durch Fächer oder zumindest einzelne Seminare und Vorlesungen an der Ruprecht-Karls-Universität ergänzt. Sie haben an einem Ort studiert, an dem seit Jahrhunderten Geistesgrößen unseres Landes, Koryphäen ihrer Fachgebiete forschen und lehren.

Damit haben Sie einen unvergleichlich großen Schatz erworben: ein fundiertes Wissen und die Fähigkeit, verschiedene Thesen gegeneinander abzuwägen, wissenschaftliche Kontroversen zu verfolgen. Vielleicht konnten Sie erleben, dass Forschungsergebnisse, die lange als unumstößlich galten, infrage gestellt oder widerlegt wurden.

Kurz: Sie haben gelernt, andere Meinungen auszuhalten.

Eine Universität ist per se ein Ort des Pluralismus. Ohne Toleranz gegenüber anderen Meinungen, ohne Respekt im Umgang miteinander kann eine Universität nicht funktionieren.

Wir müssen nur rund 80 Jahre zurückblicken, um zu erkennen, was es für eine Universität bedeutet, wenn diese Werte nichts mehr gelten. Im Nationalsozialismus wurden die jüdischen Dozenten überall im Land der Hochschulen verwiesen. In Heidelberg war dies fast ein Drittel des Lehrkörpers. Manchmal, so ist mein Eindruck, spüren wir heute noch die Folgen des geistigen Kahlschlags, den die Nazis in Deutschland anrichteten.

Liebe Studierende, liebe Absolventen, warum spreche ich also von einem Auftrag, den Ihr Zeugnis bedeutet?

Ihr Auftrag ist es in meinen Augen, in den verschiedenen Berufen, die Sie ergreifen werden, an einer pluralen Gesellschaft mitzuwirken. Bringen Sie Ihr Wissen ein und auch Ihre Fähigkeit, verschiedene Meinungen auszuhalten. Ihre Fähigkeit, aus einer These und einer Gegenthese eine Synthese zu entwickeln. Und lassen Sie unsere heutige Gesellschaft von Ihrem Wissen profitieren. Nicht alle Probleme sind neu. Vieles ist – vielleicht unter anderen Vorzeichen – schon einmal da gewesen. Und über viele Zustände haben kluge Menschen schon lange vor uns nachgedacht. Bringen Sie deren Erkenntnisse in die Welt ein! Werden Sie, um es im heutigen Sprachgebrauch auszudrücken, zu Multiplikatoren!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Studierende, wir befinden uns aktuell in Deutschland in einer politischen Situation, die uns beunruhigt und nachdenklich macht. Unser Land steht vor einer demokratischen Reifeprüfung.

Das Ergebnis der Bundestagswahl lässt es nicht zu, dass wir länger der Frage ausweichen: Was passiert in unserer Gesellschaft? Wieso findet in einer wirtschaftlich prosperierenden Periode eine rechtspopulistische Partei so viel Zuspruch?

In den ersten Tagen nach der Wahl schwankte unser Land zwischen Schockstarre und Panik. Beide Zustände – das kann ich Ihnen als Mediziner versichern – sind nicht geeignet, um klare Gedanken zu fassen.

Dabei ist genau dies jetzt notwendig, auf zwei Ebenen:

Die Politik muss jetzt auf die eben von mir genannten Fragen ganz praktische Antworten finden. Antworten, die sich rasch in politische Handlungen umsetzen lassen. Eine langwierige Regierungsbildung ist dafür leider nicht dienlich.

Unsere intellektuellen Eliten sind durch das Wahlergebnis ebenso gefordert. Denn was wir jetzt brauchen, ist eine Demokratie-Debatte, genauer gesagt: eine Debatte, die Lust macht auf Demokratie! Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in Europa.

Bei der AfD haben wir es meiner Meinung nach nicht nur mit einer rassistischen und revisionistischen Partei zu tun, sondern auch mit einer Partei, die Teile unseres Grundgesetzes missachtet und demokratische Werte diskreditieren will.

Wir alle erinnern uns an den Historiker-Streit. Oder an die Goldhagen-Debatte. Dabei ging es jeweils um die Deutung bestimmter historischer Prozesse, vielleicht auch um die Deutungshoheit.

Heute muss es um eine Demokratie-Debatte gehen. Welche Voraussetzungen brauchen wir für eine funktionierende parlamentarische Demokratie? Wie lassen sich die fundamentalen Veränderungen, die wir durch die Globalisierung und die totale technische Vernetzung bereits erleben, die aber durch Entwicklungen wie etwa in der künstlichen Intelligenz oder in der Genforschung noch viel tiefer in unser Leben eingreifen werden – wie lassen sich diese Veränderungen mit der Demokratie vereinbaren? Was macht den demokratischen Staat unter diesen neuen Bedingungen aus?

Ich wünsche mir Denkanstöße zu diesen Fragen aus unseren Universitäten! Eine lebendige, gesellschaftliche Debatte, die nicht nur in exklusiven akademischen Zirkeln geführt wird, sondern die viel breiter in unser Land hineinwirkt – das, meine Damen und Herren, brauchen wir dringend. Das braucht meines Erachtens auch die Politik als Grundlage ihres Handelns.

Ich möchte Ihnen gerne aufzeigen, warum mir dieses Anliegen sehr ernst ist. In der jüdischen Gemeinschaft – und das ist aufgrund der Geschichte alles andere als überraschend – gibt es feine Sensoren für extremistische Tendenzen in unserer Gesellschaft. Daher macht sich bei uns eine Beunruhigung und Verunsicherung breit.

Das ist ganz wesentlich in zwei Phänomenen begründet: dem wachsenden Antisemitismus in diesem Land sowie – damit einhergehend – der wachsenden Respektlosigkeit gegenüber Minderheiten generell. Lassen Sie mich das ein wenig ausführen.

Der vom Bundestag berufene Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus, der im April seinen Bericht vorgelegt hat, macht darin auf eine interessante Differenz aufmerksam: Während große Teile der Bevölkerung davon ausgehen, dass der Antisemitismus rückläufig ist, fühlen sich Juden wieder stärker antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.

Wie schon in früheren Umfragen kommt auch der Expertenkreis zu dem Ergebnis, dass unter rund 20 Prozent der Bevölkerung antisemitische Einstellungen zu finden sind. Das ist jeder Fünfte!

Angesichts dieses seit Jahrzehnten konstanten Anteils stellt sich die Frage, warum wir dennoch den Eindruck haben, der Antisemitismus nimmt zu.

Zum einen liegt das an der allgemeinen Enthemmung im Internet. Im Schutz der Anonymität und angestachelt von anderen Nutzern lassen dort erschreckend viele Menschen ihrem Rassismus und Antisemitismus freien Lauf.

Damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, was ich meine, zitiere ich zwei Kommentare von der Facebook-Seite des Zentralrats der Juden:

„Und was ist mit dem Holocaust am deutschen Volk durch die Alliierten???? Der wird unter den Teppich gekehrt!!!! Ausserdem ist bekannt, dass die Familien Rothschild und Soros usw. die schlimmste Brut der Welt sind!!!!!!“

Oder: „Drecks Volk damals wie heute!!! Alles hat seinen Grund, ihr Hurenkinder. Man hasst euch überall. Und ich hoffe, der Hass wird schnell mehr gegen euch. Vor allem so wie eure Regierung und Volk sich benimmt, gehört ihr sofort weg vom Fenster!!!“

Hier stellen wir ein inzwischen sehr verbreitetes Phänomen fest: Klassische antisemitische Stereotype werden mit der heutigen Politik in Israel verknüpft.

Denn Antisemitismus treffen wir heutzutage in verschiedenem Gewand, und immer häufiger getarnt in überzogener Kritik an Israel, ja in Israel-Feindlichkeit.

Im bereits erwähnten Bericht des Unabhängigen Expertenkreises wird dem Israel-bezogenen Antisemitismus sehr viel Raum gewidmet. Die Experten kommen zu dem Ergebnis, dass er bei 40 Prozent der Bevölkerung festzustellen ist. Schon allein aufgrund dieses hohen Anteils wird deutlich: Diesen Antisemitismus finden wir nicht nur am linken oder rechten politischen Rand, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft.

Nun werden Sie fragen: Ist denn eine Kritik an Israel automatisch antisemitisch? Nein, das ist sie natürlich nicht! Kritik an der israelischen Regierungspolitik ist völlig legitim. Die schärfsten Kritiker finden Sie vermutlich in Tel Aviv.

Immer häufiger jedoch treffen wir auf Kritik, die das Existenzrecht Israels infrage stellt oder alle Juden unter Generalverdacht. Israel wird zudem häufig mit anderen Standards gemessen als andere Staaten. Die moralischen Kriterien, die ausgerechnet von Deutschen an Israel angelegt werden, sind strenger.

Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass Israelis geradezu genüsslich als Täter dargestellt werden. In der Israel-Berichterstattung vieler Medien geraten zum Beispiel die Ursachen für israelische Militäreinsätze meist völlig in den Hintergrund. Raketenbeschüsse oder Messerattentate durch Palästinenser auf Israelis oder neu entdeckte Tunnel der Terror-Organisation Hamas werden nicht genannt, die Reaktion der Israelis wird dann aber ausführlich dargestellt und gerne als überzogene Racheaktion kritisiert.

Was steckt hinter dieser massiven Israel-Kritik?

Das ist zum einen die berühmt-berüchtigte Schlussstrich-Mentalität, verknüpft mit einer Täter-Opfer-Umkehr. Zum anderen finden sich in mancher Argumentation nicht selten uralte antisemitische Stereotype wieder. Zum Beispiel, wenn behauptet wird, Israelis hätten Trinkwasser für die Palästinenser verschmutzt. Das ist das alte Stereotyp vom jüdischen Brunnenvergifter. Auch eine Parole wie „Kindermörder Israel“ spiegelt alte Vorurteile wider.

Das ist der uralte Antisemitismus, der sich in neuem Gewand präsentiert.

Ein Beispiel für eine überzogene und einseitige Kritik an Israel ist die BDS-Bewegung. Die Abkürzung steht für Boycott, Divestment, Sanctions. Sie hat zum Ziel, Israel zu diffamieren und zu delegitimieren. Sie wirft z. B. Israel ethnische Säuberungen vor und ruft zu einem Boykott israelischer Waren auf. Es gibt auf der Welt viele umstrittene Territorien. Es ist mir nicht bekannt, dass dafür auch zu Waren-Boykotts aufgerufen wird. Dies aber ausgerechnet gegenüber dem jüdischen Staat zu tun, hat einen unangenehmen Beigeschmack.

Es ist inzwischen übrigens keine Seltenheit mehr, dass BDS-Aktivisten an deutschen Universitäten auftreten.

Der Zentralrat der Juden konnte jüngst den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, dafür gewinnen, stärker gegen BDS vorzugehen. Ähnlich wie die Städte Frankfurt und München will auch er einen Beschluss herbeiführen, wonach BDS-Aktivisten keine städtischen Räume mehr zur Verfügung gestellt werden.

Den einseitigen Blick auf Israel finden wir mittlerweile auch in der Justiz. 2014 verübten drei junge Männer palästinensischer Herkunft einen Brandanschlag auf die Bergische Synagoge in Wuppertal. Die Täter wurden gefasst und zu Bewährungsstrafen verurteilt. In der Begründung des Gerichts wurde festgehalten, dass keinerlei antisemitischen Motive bei der Tat zu erkennen seien. Die Täter hätten nur Aufmerksamkeit auf den Gaza-Konflikt lenken wollen.

Wie man zu der Auffassung gelangen kann, ein Brandanschlag auf eine Synagoge sei kein Akt von Antisemitismus – das wird mir immer ein Rätsel bleiben!

Trotz dieser Beispiele bin ich – so paradox das klingt – derzeit optimistisch gestimmt, was dieses Thema angeht. Denn die Aufmerksamkeit für das Problem des Israel-bezogenen Antisemitismus ist deutlich gestiegen. Dazu haben nicht zuletzt der WDR und Arte beigetragen, als sie sich zunächst weigerten, eine Dokumentation auszustrahlen, die diesen Israel-bezogenen Antisemitismus zum Thema hatte. Die Debatte über dieses Verhalten und die Sendung selbst, die dann ja doch gezeigt wurde, haben einiges in Bewegung gebracht.

Ein wichtiger politischer Schritt erfolgte zudem noch ganz kurz vor der Bundestagswahl: In ihrer letzten Kabinettssitzung vor der Wahl hat die Bundesregierung die Annahme der internationalen Antisemitismus-Definition beschlossen. Damit gilt in Polizei und Justiz, im öffentlichen Dienst und in der Bildung, also in Schulen, dass auch israelfeindliche Äußerungen und Taten als Antisemitismus zu werten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte keinen falschen Eindruck erwecken: Wenn ich das Augenmerk auf den Israel-bezogenen Antisemitismus lenke, bedeutet dies nicht, den Antisemitismus von Rechtsextremisten zu verharmlosen.

Unter Rechtsextremisten ist Antisemitismus der Normalfall. Die mit Abstand meisten antisemitischen Straftaten gehen laut polizeilicher Kriminalstatistik auf das Konto von Rechtsextremisten.

Die rechtsextreme Szene in Deutschland wird diffuser und befindet sich im Aufwind. Zu diesem Ergebnis kommen Verfassungsschützer und andere professionelle Beobachter übereinstimmend. Immer mehr Bürger radikalisieren sich, sodass es zunehmend Täter gibt, die vorher nie aufgefallen waren und die sich keiner Gruppierung zuordnen lassen.

Vor Kurzem hatte das Präsidium des Zentralrats der Juden die bisherigen Träger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage zu einem Gespräch eingeladen. Den Paul-Spiegel-Preis verleihen wir an Menschen, die sich in außerordentlicher Weise für unsere Demokratie einsetzen. Darunter sind einige, die seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten gegen Rechtsextremismus kämpfen und dabei viele persönliche Nachteile, Bedrohungen und Gefahren auf sich nehmen.

Was mich in diesem Gespräch sehr nachdenklich gestimmt hat, war die Tatsache, dass alle Preisträger übereinstimmend berichteten: Die Zahl der Rechtsextremisten wächst! Und alle sahen Schnittmengen zur AfD bzw. sprachen von einer Fraternisierung von AfD und NPD. Und da die AfD inzwischen in Landeszentralen für politische Bildung vertreten ist und demnächst auch im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung sitzen wird, haben es Initiativen und Vereine gegen Rechts nicht gerade leichter, Fördermittel zu bekommen.

Durch das Internet sind die Möglichkeiten der Rechtsextremisten unendlich groß geworden, sich zu vernetzen und junge Menschen auf verschiedensten Kanälen anzusprechen.

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist für Staat und Zivilgesellschaft, zu der ich auch die Wissenschaft zähle, eine immense Herausforderung. Wir brauchen noch viel mehr Know-how und auch mehr Geld, um den Rechtsextremismus einzudämmen. Auch Polizei und Justiz müssen auf diesem Gebiet konsequenter werden.

Worum es beim Kampf gegen Rechtsextremismus geht, hat der frühere Zentralratspräsident Paul Spiegel sel. A. einmal sehr treffend ausgedrückt, sodass ich gerne seine Worte wiedergebe:

„Wir dürfen bei der Bekämpfung von Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht innehalten. Denn es geht nicht allein um uns Juden, um Türken, um Schwarze, um Obdachlose, um Schwule. Es geht um dieses Land, es geht um die Zukunft jedes einzelnen Menschen in diesem Land.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Antisemitismus findet sich nicht nur bei Rechtsextremisten. Wir müssen auch über muslimischen Antisemitismus sprechen.

Ich habe einmal öffentlich gesagt, in bestimmten, muslimisch geprägten Stadtteilen unserer Großstädte sei es nicht angeraten, mit Kippa herumzulaufen. Damit hatte ich nur ausgesprochen, was in jüdischen Kreisen als völlig normal gilt. Gerade in den großen Städten ziehen religiöse Juden über ihre Kippa häufig eine Basecap. Frauen verstecken die Kette mit Davidstern lieber unter dem Pullover. Das gilt mit Sicherheit in Gegenden, wo man Rechtsextremisten vermutet. Aber es ist auch eine Vorsichtsmaßnahme in muslimisch geprägten Vierteln.

Dies auszusprechen, fällt mir nicht leicht. Sie können sich fast sicher sein, dass ich nach solchen Aussagen Applaus von der falschen Seite kriege.

Deshalb möchte ich zuerst ganz deutlich machen: Die jüdische Gemeinschaft lehnt jede Form von Islam-Feindschaft ab! Die gehäuften Angriffe auf Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte verurteilen wir scharf. Auch nach Terroranschlägen von Islamisten verbietet sich jeder Generalverdacht gegen Muslime.

Zum Antisemitismus, den es unter Muslimen gibt, können und wollen wir dennoch nicht schweigen. Es gibt Imame, die Hass gegen Juden verbreiten. Unter nicht wenigen türkischstämmigen Deutschen steigt wegen der Politik Erdogans offenbar der türkische Nationalismus, der häufig mit Antisemitismus einhergeht. Auf Schulhöfen ist „Jude“ ein beliebtes Schimpfwort. Und es sind Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, die mit einer tiefen Israel-Feindschaft aufgewachsen sind und zum Teil Hitler verehren. Ihr Wissen über die Schoa und den Nationalsozialismus ist mehr als lückenhaft.

Obwohl uns, und das ist mir wichtig zu betonen, bislang kaum antisemitische Vorfälle durch Flüchtlinge bekannt geworden ist, sollten wir bei der Integration ganz deutlich machen, dass es für Antisemitismus bei uns keine Toleranz gibt.

Daher brauchen wir in den Integrationskursen eine intensivere Befassung mit der Zeit zwischen 1933 und 1945. Sicherlich wäre es auch gewinnbringend, wenn Gedenkstättenbesuche oder die Besichtigung eines jüdischen Museums oder Mahnmals den Unterricht ergänzten.

Sie merken, meine Damen und Herren, die Bekämpfung des Antisemitismus ist ein weites Feld. Wir brauchen hier Expertise und vor allem Nachhaltigkeit. Kurz aufflackernde Empörung in der Politik, wenn etwas passiert ist, reicht nicht. Daher hat der Zentralrat der Juden ebenso wie der Unabhängige Expertenkreis die Einsetzung eines Beauftragten auf Bundesebene zur Bekämpfung des Antisemitismus gefordert. Wir werden darauf drängen, dass die neue Bundesregierung einen solchen Beauftragten beruft.

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich zum zweiten Punkt, der in der jüdischen Gemeinschaft für Beunruhigung sorgt: die wachsende Respektlosigkeit für Minderheiten. Oder sagen wir: der eisige Wind, der durch unser Land pfeift.

Und damit komme ich – obwohl ich ihr am liebsten jegliche Aufmerksamkeit verweigern würde – noch einmal zur AfD.

Zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik haben wir in dieser Größenordnung eine Partei rechts der Union im Bundestag sitzen. Und wenn man sich die Wahlergebnisse etwas differenzierter anschaut, kann schon mal der Atem stocken. In Sachsen kam die AfD in 22 Orten auf mehr als 40 Prozent. Rein von den Zahlen her könnte sie sich dort als Volkspartei bezeichnen. Im niederbayerischen Deggendorf wurde sie mit 19,2 Prozent zweitstärkste Kraft.

Wir stellen in Deutschland schon seit längerem einen raueren Ton, eine verbale Enthemmung und ein kälteres gesellschaftliches Klima fest.

Für diese Abkühlung ist die AfD in erheblichem Umfang verantwortlich. Statt auf Mitmenschlichkeit setzt sie auf Ausgrenzung. Eine ethnisch homogene Gesellschaft scheint ihr Idealbild zu sein. Und das im 21. Jahrhundert!

Ich frage mich daher oft: Wo will die AfD eigentlich hin? Ins Deutschland der 1950-er Jahre? Oder gar in die 30-er Jahre?

Mit dieser Rückwärtsgewandtheit kommt die AfD offenbar einem Teil ihrer Wählerschaft stark entgegen. In einer Studie der Bertelsmann Stiftung unmittelbar nach der Bundestagswahl wurden AfD-Wähler als „zukunftsängstliche Modernisierungsskeptiker“ charakterisiert. Die Stiftung sieht zwischen Modernisierungsskeptikern und Modernisierungsbefürwortern eine „neue Konfliktlinie der Demokratie“.

Mit permanenten Sticheleien gegen Ausländer, gegen Asylbewerber, gegen Muslime, gegen Homosexuelle schürt die AfD bei diesen Modernisierungsskeptikern Ressentiments, die leider immer noch in unserer Gesellschaft schlummerten und nun wieder wachgerüttelt wurden. Sie nimmt damit wissentlich in Kauf, dass es mit verbalem Zündeln anfängt und mit brennenden Asylbewerberheimen aufhört.

Diese Anmaßung einer Partei, bestimmen zu wollen, welche Menschen tolerabel sind und welche nicht – läuten da eigentlich nur in der jüdischen Gemeinschaft die Alarmglocken?

Nimmt die Mehrheit dies achselzuckend oder gar mit heimlicher Zustimmung einfach hin? Sehr schnell wurde nach der Bundestagswahl fast beschwichtigend betont, die AfD-Anhängerschaft bestehe überwiegend aus Protestwählern.

Ja, aber diese Protestwähler waren auch noch bereit, die AfD zu wählen, als der rechte Flügel deutlich die Oberhand gewonnen hatte. Rassistische und andere diskriminierende Äußerungen nahmen diese Wähler zumindest billigend in Kauf. Ob sie eigentlich den Inhalt von Artikel eins des Grundgesetzes kennen?

Und in der jüdischen Gemeinschaft sind wir uns völlig im Klaren: Früher oder später sind auch wir Juden an der Reihe. Ein Verbot des Schächtens wurde bereits in das Wahlprogramm für die Bundestagswahl aufgenommen. Auch im Niedersachsen-Wahlkampf sprach sich eine Kandidatin auf ihrem Wahlplakat dagegen aus. Religionsfreiheit ist für die AfD offenbar kein hohes Gut.

Für uns als Zentralrat der Juden sehen wir daher keine Möglichkeit, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Das habe ich mit meinem französischen Pendant, dem Präsidenten des Dachverbands der Juden in Frankreich, jüngst in einem Gastbeitrag deutlich gemacht. Die französischen Juden stehen vor dem gleichen Problem mit dem Front National.

In unserem Beitrag, der Anfang Oktober in der „Welt“ und im „Figaro“ erschien, haben wir daher formuliert: AfD und Front National sind keine Partner für uns, sondern eine Bedrohung des jüdischen Lebens in Deutschland und Frankreich. Wir haben unseren Kommentar in einen eindringlichen Appell münden lassen: So wie wir, die Juden in Deutschland und die Juden in Frankreich, gegen den Rechtspopulismus zusammenstehen, sollte ganz Europa den Kampf gegen rechtspopulistische Parteien aufnehmen – gegen Kräfte, die unsere europäischen Werte, unsere Gemeinschaft und letztlich unsere Freiheit gefährden!

Und genau daran knüpft Appell an, den ich heute hier formuliere: Eine Debatte über die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben und in welcher wir leben wollen, ist dringend notwendig. Über so viele Jahrhunderte, ja Jahrtausende denken Menschen schon über Gesellschaftsformen und das beste Staatswesen nach. Ich bin überzeugt, dass gerade aus unseren Universitäten wertvolle Kenntnisse eine aktuelle Debatte bereichern und unser Land nach vorne bringen können.

Wir leben im 21. Jahrhundert, und es gibt keinen Weg zurück. Setzen Sie mit klugen Vorschlägen dieser politischen Pseudo-Nostalgie, die gerade um sich greift, etwas entgegen!

Und ohne in Multikulti-Kitsch zu verfallen: Machen Sie deutlich, was die Verschmelzung von Kulturen hervorgebracht hat, wie sich unterschiedliche Kulturen gegenseitig befruchtet haben. Aus jüdischer Sicht kann ich hinzufügen: Jene Phasen, in denen Juden und Christen oder Juden und Muslime friedlich zusammengelebt haben, waren in der Regel prosperierende Phasen mit wissenschaftlichem und gesellschaftlichem Fortschritt.

Damit ich nicht missverstanden werde: Es geht mir nicht darum, die aktuelle Lage schönzureden. In einer solchen Debatte müssen die Probleme offen benannt werden. Vor allem Soziologen und Ökonomen sind gefordert, Lösungswege aufzuzeigen.

Dieser Rückhalt durch die intellektuelle Elite kann unsere Politiker ermutigen. Und auch all jene Menschen, die im „Kleinen“, vor Ort täglich für unsere Demokratie kämpfen, für ein gutes Miteinander; die versuchen, jungen Menschen demokratische Werte zu vermitteln oder radikalisierte Jugendliche zurückzugewinnen. Sie brauchen ganz dringend Ermutigung und die Gewissheit, nicht allein zu kämpfen. Daher mein Appell: Machen Sie Lust auf Demokratie!

Denn, meine Damen und Herren, Deutschland steht vor einer Reifeprüfung, ich könnte auch sagen, vor einer demokratischen Bewährungsprobe. Die AfD wird versuchen, den Tonfall im Bundestag zu ändern. Sie wird an Grundüberzeugungen rütteln, die unsere Republik seit Jahrzehnten prägen.

Diese Partei versteht sich äußerst gut auf gezielte Provokationen. Sind dann die Empörung und breite Aufmerksamkeit erst einmal da, versteht die AfD es dann ebenso gut, sich aus der Schlinge wieder herauszuwinden. So bezeichnete zum Beispiel Björn Höcke zunächst das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“, das das deutsche Volk in das – Zitat – „Herz seiner Hauptstadt gepflanzt“ habe. Und anschließend behauptete er, er sei missverstanden worden. Oder zunächst beantragte die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Schülerfahrten zur KZ-Gedenkstätte Gurs nicht mehr zu bezuschussen, und hinterher sprach sie von einem Irrtum.

Doch die Gedanken sind dann in der Welt und haben längst Wirkung entfaltet. Und damit hat die AfD dann genau ihr Ziel erreicht.

Die Rede von Björn Höcke in Dresden zeigt uns auch, dass der AfD jedes Mittel recht ist, um zu provozieren. Jedes Thema wird instrumentalisiert, sogar die Opfer der Schoa, wenn man damit Aufmerksamkeit erregen kann.

Es ist richtig, dass bereits einzelne Politiker der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden!

Denn es gilt das Wort von Karl Jaspers: „Es darf keine Freiheit geben zur Zerstörung der Freiheit.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Beunruhigung in der jüdischen Gemeinschaft habe ich bereits angesprochen. Ich werde in letzter Zeit häufiger gefragt, ob wir darüber nachdenken, Deutschland zu verlassen.

So weit ist es nicht.

Doch um ein altes Bild zu gebrauchen: Nach dem Krieg sagten viele Juden über sich selbst, sie säßen auf gepackten Koffern. Das trifft schon lange nicht mehr zu. Die Koffer wurden ausgepackt. In jüngster Zeit haben sich aber einige Juden wieder versichert, ob ihr Koffer noch da ist.

Doch so, wie ich mir mehr gesellschaftliches Engagement von unseren Hochschulen wünsche, so sehe ich auch uns in der Pflicht, einen Beitrag zur demokratischen Kultur zu leisten.

Es gibt ein paar Schritte, die wir unternehmen. Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen.

Ein großes Manko in Deutschland ist das mangelnde Wissen der Mehrheitsgesellschaft über das Judentum. Und wie überall gilt: Was ich nicht kenne, macht mir Angst. Daher arbeiten wir auf vielen Ebenen daran, das Wissen über das Judentum zu vergrößern und persönliche Begegnungen zu schaffen.

Antisemitische Vorurteile sind häufig tradiert, verinnerlicht. Beim persönlichen Kennenlernen fallen sie oft ganz schnell in sich zusammen.

Daher hat der Zentralrat der Juden ein Projekt wieder aufgegriffen, das hier an der Hochschule für Jüdische Studien seinen Anfang genommen hat: Likrat – ein Begegnungsprogramm für Schulen.

Derzeit bilden wir sogenannte Likratinos aus. Jüdische Jugendliche, die in Schulklassen gehen, um dort mit Gleichaltrigen über das Judentum zu sprechen. Diese Begegnung auf Augenhöhe wirkt oft nachhaltiger als der normale Unterricht. Die Schüler stellen fest, dass die Likratinos genauso Jugendliche sind wie sie selbst, mit den gleichen Nöten und Problemen eines Teenagers, nur eben mit einer anderen Religion. Ebenso wie viele Schüler haben auch viele junge Juden einen Migrationshintergrund – und damit vergleichbare Erfahrungen.

Mit diesen Begegnungen wollen wir dazu beitragen, antisemitische Vorurteile abzubauen und die Kenntnisse über das Judentum zu vergrößern.

Die Schule nimmt dabei in jeder Hinsicht eine zentrale Rolle ein. Einige von Ihnen, liebe Absolventen, werden vermutlich künftig als jüdische Religionslehrer arbeiten. Sie sind dabei eine wichtige Stütze zur Identitätsbildung der jüdischen Kinder. Zugleich aber wirken Sie ja auch ins Lehrerkollegium hinein. Damit übernehmen auch Sie eine wichtige Mittlerrolle!

Insgesamt ist die Darstellung des Judentums in der Schule leider häufig problematisch. Juden werden in der Regel nur in ihrer Rolle als Opfer behandelt. Die Vielfalt der jüdischen Kultur und Religion, die das Geistesleben in Deutschland über Jahrhunderte mit geprägt hat, kommt im Unterricht meist zu kurz.

Dem wollen wir entgegensteuern. Der Zentralrat der Juden hat daher mit der Kultusministerkonferenz eine gemeinsame Erklärung zur Vermittlung des Judentums im Unterricht verabschiedet. Eine vermehrte Einbindung jüdischer Geschichte, Religion und Kultur in verschiedene Fächer und Jahrgangsstufen soll dazu beitragen, Schülerinnen und Schülern ein lebendiges und differenziertes Bild des jüdischen Lebens zu vermitteln. Damit soll deutlich werden: Es gab jüdisches Leben in Deutschland schon vor 1933 und auch nach 1945. Und es gibt hier auch heute jüdisches Leben.

Um die Lehrkräfte dabei zu unterstützen, diese Erklärung auch mit Leben zu erfüllen, erarbeiten die KMK und der Zentralrat derzeit gemeinsam Handreichungen und eine Materialsammlung.

Es ist uns als Zentralrat der Juden auch wichtig, der jüngeren jüdischen Generation Möglichkeiten zu geben, sich Gehör zu verschaffen. So haben wir jüngst junge jüdische Erwachsene darin unterstützt, eine neue Jüdische Studierendenunion zu gründen. Es ist der jüdischen Studierendenschaft wichtig, ein zentraler und sichtbarer Teil des öffentlichen Diskurses zu sein, sich offen gegen antidemokratische Stimmen stark zu machen und so gemeinsam die Gesellschaft zu bestärken.

Als eine der aktivsten und mitgliederstärksten jüdischen Gemeinschaften in Europa hat Deutschland mit der JSUD eine nach innen wie nach außen präsente junge jüdische Stimme. Sie ist die überregionale Vertretung von mehr als 25 000 jungen Juden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren.

Ebenso ist uns der interreligiöse Dialog wichtig. Das ist natürlich ein beliebtes Schlagwort. Ich möchte es jedoch mit Leben füllen, damit deutlich wird, dass wir uns nicht mit dem Schlagwort begnügen.

Wir stehen mit beiden christlichen Kirchen in engem Kontakt. Sei es in der Aufarbeitung des kirchlichen Antijudaismus oder in klarer Abgrenzung gegen Rechtspopulisten – wir versuchen, gemeinsam zu mehr Toleranz beizutragen und unsere Werte in die Gesellschaft einzuspeisen.

Wo es möglich ist, arbeiten wir auch mit muslimischen Verbänden zusammen. So haben wir vor Kurzem mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland ein gemeinsames Seminar für jüdische und muslimische Sozialarbeiter durchgeführt, wo sich Menschen trafen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind. Und in der 2016 gestarteten Initiative „Weißt du, wer ich bin?“ werden soziale Projekte gefördert, in der alle drei Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten.

Auch am vom Zentralrat der Juden initiierten bundesweiten Mitzvah Day, einem jüdischen Tag des Ehrenamts, finden sehr viele interreligiöse Projekte statt. So unterstützt – um ein Beispiel zu nennen – ein Team des Zentralrats in diesem Jahr eine Suppenküche in einem Franziskaner-Kloster in Berlin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese praktischen Schritte ersetzen eine intellektuelle Auseinandersetzung nicht. Ebenso wenig wie umgekehrt.

Im April dieses Jahres hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière einen Versuch gestartet und zehn Thesen für eine „Leitkultur für Deutschland“ vorgelegt. Damit wollte er, wie er schrieb, eine Debatte anstoßen über die Fragen: „Wer sind wir? Und wer wol­len wir sein? Als Ge­sell­schaft. Als Na­ti­on.“

Es ging ihm darum, zu diskutieren, „was uns im In­ners­ten zu­sam­men­hält, was uns aus­macht und was uns von an­de­ren un­ter­schei­det“.

Vermutlich hat schon das Reizwort „Leitkultur“ eine ernsthafte Diskussion über seine Vorschläge verhindert. Debattenbeiträge von Parteipolitikern werden zudem in der Regel – und häufig aus gutem Grund – misstrauisch beäugt.

Aber sein Ansatz, sich Gedanken zu machen, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine Demokratie im 21. Jahrhundert funktionieren kann, ist nur zu begrüßen. Es ist höchste Zeit, sich dieser Grundlagen zu versichern, gerade in Deutschland mit den Erfahrungen der Menschheitsverbrechen im 20. Jahrhundert.

Das Erstarken der rechtsextremen Szene und die Wahlerfolge der AfD sollten wir – das möchte ich noch einmal wiederholen – als Reifeprüfung für unsere Demokratie verstehen.

Unser Wissen, unsere Erfahrung und unsere Klugheit sollten und müssen wir jetzt nutzen, um diesen rechten Kräften auf allen Ebenen entgegenzuwirken – politisch, kulturell und intellektuell.

Die gemeinsame Richtschnur, die die demokratischen Kräfte ebenso verbindet wie die Religionsgemeinschaften, ist Artikel eins unseres Grundgesetzes: die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Welchen Wert dieses oberste Gebot für alle Menschen in Deutschland hat, müssen wir wieder deutlich machen.

Kurt Tucholsky hat einmal gesagt: „Ein Land ist nicht nur das, was es tut – es ist auch das, was es verträgt, was es duldet.“

Dulden wir weder geistige Verrohung noch Respektlosigkeit!

Zu einer Aushöhlung unserer Demokratie darf es nicht kommen. Wenn der Rechtspopulismus in Deutschland später in den Geschichtsbüchern nur als vorübergehendes Phänomen gewertet wird, dann hat Deutschland seine Reifeprüfung bestanden!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
 

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