Festival of Resilience



Ansprache anlässlich der Ceremony of Resilience von Base Hillel Berlin von Geschäftsführer Daniel Botmann

 

 

Zusammenhalt, Kraft, Glaube – Gemeinsam für unsere sichere Zukunft

 

Am Israel Chai! Das jüdische Volk lebt!

Dieser Satz ist seit Jahrtausenden die Durchhalteparole von Juden in aller Welt. Und dieser Satz hat auch denen, die Zeugen des grausamen Attentats vor einem Jahr in Halle geworden sind, Kraft gegeben.

Kraft, um weiter zu machen. Kraft, um unser Judentum weiterhin aktiv und stolz zu leben. Kraft, um nach diesem schrecklichen menschenverachtenden Attentat diese Aktionswoche zu organisieren. Liebe Rebecca und lieber Jeremy, danke euch für euer großartiges Engagement und die Arbeit, die ihr leistet!

Es war dem Zentralrat der Juden und mir persönlich wichtig, euer Vorhaben und diese Zeremonie zu unterstützen. Ich spreche nicht nur als jemand, der seit vielen Jahren in der jüdischen Community aktiv ist oder als Repräsentant einer jüdischen Organisation. Ich spreche hier auch als Bürger dieses Landes. Und ich bin besorgt.

Halle, Hanau und jetzt Hamburg. Das kann, das darf uns nicht kalt lassen. Und schon wieder hören wir, es sei ein Einzeltäter. Schon wieder, es sei ein geistig Verwirrter. Schon wieder hören wir, dass die Motive für die Tat unklar seien. Was muss eigentlich noch geschehen, bis die Zeichen der Zeit erkannt werden?

Wir alle verfolgen den Prozess gegen den Attentäter von Halle in Magdeburg aufmerksam. Viele von euch nehmen eine aktive Rolle als Nebenkläger oder als Zeugen ein. Die Einlassungen des Angeklagten sind unerträglich. So hasserfüllt, so unmenschlich. Ich danke jedem einzelnen, der durch seine Prozessbeteiligung an der Aufklärung und Aufarbeitung der Tat mitwirkt. Das ist nicht nur wichtig für uns. Das ist wichtig für das ganze Land!

Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Düsseldorf sagte der damalige Präsident des Zentralrats, Paul Spiegel sel. A.:

„Es geht nicht darum, uns Juden zu schützen. Es geht darum, dieses Land zu schützen vor diesem Rechtsterror. Darum, dass die Mehrheit dieses Landes endlich begreift, dass solche Angriffe nicht nur ein Angriff gegen Juden sind, nicht nur ein Angriff gegen Minderheiten, sondern ein Angriff auf die Demokratie und auf die Menschlichkeit in diesem Lande.“

Spiegel sprach diese Worte im Jahr 2000. Und heute, 20 Jahre später, haben diese Worte leider nichts an Aktualität verloren. Das Attentat von Halle war ein Angriff auf uns Juden. Aber getroffen wurden nicht nur wir. Getroffen wurden all jene, die die liberale, offene Gesellschaft ausmachen und sich für unseren demokratischen Rechtsstaat einsetzen. Jene, die sich den menschenhassenden Ideen von Antisemitismus und Rassismus entgegenstellen.

Schreibtischtäter, ich benutze diesen Begriff bewusst, vergiften mit ihren Reden, mit ihren Pamphleten, mit ihren eindeutigen Zweideutigkeiten den Diskurs solange, bis einer sich entschließt, die Tat vom Schreibtisch in die reale Welt zu verlegen. Erst verschieben sich die Grenzen des Denkbaren, dann die des Sagbaren und schließlich die des Machbaren.

Doch genau darum sind wir heute hier. Um uns und der Welt zu zeigen: Nicht mit uns. Wir lassen uns unser Judentum, unseren Glauben und unsere Freiheit nicht nehmen. Wir sind hier zu Hause und wir werden es auch bleiben. Wer uns attackiert, wird scheitern. Das Resultat wird sein, dass wir noch enger zusammenrücken und noch verbundener unser Judentum leben werden!

Dass Antisemitismus jeden – ob jüdisch oder nicht – schrecklich treffen kann, hat uns das Attentat von Halle erneut gezeigt. Die zwei Menschen, Jana L. und Kevin S., die ermordet wurden, werden immer in unserer Erinnerung bleiben. Ihren Angehörigen und Freunden gilt unsere Anteilnahme.

Und euch, die dieses rechtsterroristische Attentat von Halle überlebt haben, darunter auch einige die ich persönlich gut kenne, möchte ich sagen: Wir sind nicht allein. Wir stehen zusammen.

Wir arbeiten intensiv mit den Jüdischen Gemeinden zusammen, um die Sicherheitsmaßnahmen in den jüdischen Einrichtungen zu verbessern. Wir erfahren hierbei viel Unterstützung vom Bund und von den Ländern. Und das stimmt mich positiv!

Dem verletzten Studenten vom Angriff am vergangenen Sonntag in Hamburg wünsche ich von dieser Stelle aus Refua schlema, eine gute und vollständige Genesung.

 

Am Israel Chai!

 

06. Oktober 2020

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