Göttinger Friedenspreises 2019



Brief an Oberbürgermeister Köhler bezüglich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019

Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

 

mit Befremden haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Stiftung Dr. Roland Röhl am Sonnabend, den 09. März 2019, den Göttinger Friedenspreis 2019 an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“ verleihen wird. Die Stadt Göttingen ist durch Ihre Person ebenso wie die Universität Göttingen Mitglied im Kuratorium der Dr. Roland Röhl-Stiftung und verantwortet diese Entscheidung daher mit.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, der Verein „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ ist ein aktiver Unterstützer von Veranstaltungen der gegen Israel gerichteten Boykottbewegung BDS (Boycott, Divestment and Sanctions;zu Deutsch: „Boykott, Desinvestitionen und Sanktio­nen“). Ich muss sicherlich nicht erläutern, welche historischen Vorläufer Boykotte gegen jüdische Einrichtungen oder Juden in Deutschland haben und welche Assoziationen mit derartigen Aktionen erzeugt werden.

Die BDS-Kampagne ruft u. a. zum Boykott gegen israelische Künstler, Wissenschaftler, Institutionen oder Unternehmer auf und will damit den Staat Israel und seine Menschen wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren. Sie ist damit keine Bewegung, deren Kritik sich an der Politik der israelischen Regierung entzündet. Die Boykotte richten sich vielmehr gegen alle in Israel lebenden Menschen. Die Bewegung versucht Israel zu isolieren und als Apartheidsstaat zu diffamieren. Die Stoßrichtung der BDS-Bewegung ist unzweifelhaft antisemitisch. Ich möchte Sie daher fragen: Halten Sie eine Initiative, die derartige Hetzkampagnen unterstützt, für auszeichnungswürdig?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, im Kampf gegen Antisemitismus darf es keine Kompromisse geben. Es gibt keinen „legitimen“ Antisemitismus, egal aus welcher politischen Ecke er kommt.

Dies erkennen in zunehmendem Maße Akteure aus Politik und Kultur. So haben u. a. die Städte München, Frankfurt am Main, Berlin und der Landtag des Freistaates Thüringen beschlossen, dass BDS als antisemitischer Kampagne keine öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Der CDU-Bundesparteitag hat sich bereits 2016 klar gegen BDS gestellt. Andere sind dem Beispiel gefolgt. Die Bank für Sozialwirtschaft beabsichtigt, das Konto der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ aufgrund der Unterstützung der Boykottbewegung zu kündigen.

Dass Deutschland im Kampf gegen den Antisemitismus eine ganz besondere Verantwortung hat, ist selbstverständlich. Ich erwarte daher auch von Ihnen als dem Oberbürgermeister einer mittelgroßen deutschen Stadt ein entschlossenes Vorgehen gegen jeden Antisemitismus.

Die Auszeichnung einer Initiative, die eine gegen Juden gerichtete Boykott-Initiative unterstützt, ist nicht nur des Göttinger Friedenspreises unwürdig, es ist darüber hinaus ein Schlag ins Gesicht der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Israel.

Ich fordere Sie daher dringend dazu auf, sich von der Preisverleihung an die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ zu distanzieren und dafür Sorge zu tragen, dass diese Entscheidung revidiert wird.

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Josef Schuster     

Präsident

 

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